Kia Ora! Wenn in Europa noch tiefster Winter herrscht und die fleißigen Enduro-Racer im Fitnessstudio schuften oder auf Skiern stehen, dann ist die Saison im fernen Neuseeland auf der Südhalbkugel schon im vollsten Gange. Eines der legendärsten Rennen vor Ort ist das NZ Enduro: Ein dreitägiges Abenteuer auf den besten Trails der Region um Nelson, organisiert von Anka und Sven Martin. Im Rahmen des RockShox Lyrik-Launches durfte ich Teil des Abenteuers sein. Hier erfahrt ihr, wie es mir dabei ergangen ist.
Die Rahmenbedingungen
68 km und 2.822 hm an 3 Tagen, plus einige Berge, die mit Unterstützung von Shuttlebussen und Helikoptern erobert werden – klingt eigentlich ganz machbar. Wer dabei Verhältnisse wie im deutschen Mittelgebirge oder sogar Alpenraum vor Augen hat, ist jedoch falsch gewickelt. Statt breiter, gut gepflegter Forststraßen erwarten einen schmale, mit Wurzeln übersäte Pfade durch den neuseeländischen Urwald, die alle paar Meter tiefe und felsige Bachläufe kreuzen. Hier nutzt man selten etwas anderes als den allerleichtesten Gang– dazu kommen waghalsige Trial-Einlagen mit akuter Absturzgefahr und teils stundenlange Trage- und Schiebepassagen. Belohnt wird man dafür neben der durchgängig atemberaubenden Flora und Fauna mit ebenfalls atemberaubenden Blicken in die vielen Fjord-ähnlichen Buchten an deren Hängen es oft langgeht und oben angekommen mit … na ja, mit ebenfalls ganz schön atemberaubenden Trails. Insgesamt also eine ziemlich lohnende Sache finde ich!
Aber halt mal, wart mal – war da gerade nicht die Rede von Helikoptern? Korrekt! Man sollte sich wirklich Mühe geben, bis zum Schluss durchzuhalten, denn am Morgen von Tag 3 hat man die Chance, sich und sein Bike von einer ebenso hübschen wie erfahrenen Pilotin mittels ihres Helikopters auf einem sagenhaft kleinen Fleckchen Lichtung auf einem sonst tief bewaldeten Bergrücken in einer Region namens Wakamarina absetzen zu lassen.
Neben anstrengenden und panoramareichen Transfers – und Burgern zur Mittagspause – erwarten den abenteuerlustigen Teilnehmer selbstverständlich höchst anspruchsvolle, lange und spaßige Stages. Diese liegen meist unter einem dichten Blätterdach und sind übersät mit Wurzeln und überraschend auftretenden Steinfeldern. Neben einer komplett gebauten Strecke besteht der Großteil aus alten Wanderpfaden, die insbesondere am letzten Tag von frisch abgesteckten, losen Segmenten unterbrochen oder ergänzt werden. Und weil das alles noch nicht anstrengend genug ist, sollte man sich auch auf den ein oder anderen fiesen Uphill vorbereiten.
Die Vorbereitung
Wie eingangs bereits erwähnt, wurde ich gemeinsam mit einigen ausgewählten anderen Redakteuren von RockShox nach Neuseeland eingeladen, um ihr neues Enduro-Fahrwerk während des NZ Enduro-Rennens zu testen. Als Hersteller kann man sich das Leben sicher leichter machen, als eine Horde Journalisten auf bisher ungesehenen, knallroten Prototyp-Federgabeln sicher und möglichst unauffällig durch ein derart öffentliches und gefährliches Rennen zu begleiten. Damit alles möglichst reibungslos über die Bühne ging, bekamen wir ein entsprechend ausgestattetes Enduro-Bike und einige wertvolle Tipps zur Seite gestellt.
Das Rennen
Tag 1 – Whites Bay
Renntag Nummer eins startete in Whites Bay und fiel mit 18 km und 1162 hm relativ moderat aus. Laut Sven und Anka Martin sollten sich die Teilnehmer hier vor allem auf die kommenden Tage einstimmen. Im Nachhinein würde ich sagen, fand ich diesen Tag am unspektakulärsten, auch wenn der Startpunkt am Strand ziemlich schön war.
Morgens hieß es für alle Teilnehmer wie bei jedem Rennen erstmal die Startnummern, Timing Chips und extrem umfangreichen Swag-Bags abholen. Dieser bestand nicht wie beiden meisten deutschen Rennen nur aus ein paar Werbeflyern, sondern war vollgestopft mit Sponsoren-Goodies: Trikot, Tool, Reifen, Kettenöl, Dichtmilch, Mudguard, Socken, Snacks und so weiter. Elmar Keineke von SRAM sammelte die Reifen gleich bei uns ein und verteilte sie im Fahrerlager an irgendwelche Kids – eine ziemlich coole Geste! Nach einem Gratis-Kaffee (nur an diesem Tag) und einer Ansprache von Renn-Organisator Sven Martin ging es auch schon los. An diesem Tag mussten alle Höhenmeter selbst erklommen werden. Beide Stages teilten sich den ersten Teil des Uphills, um zu Stage 2 zu kommen musste man jedoch noch ein ordentliches Stück Hike-A-Bike durch den schwülen Urwald zurücklegen. Spätestens hier überholten uns die zuletzt gestarteten neuseeländischen Profis und grüßten uns vollkommen durchgeschwitzte, mühevoll daher tappende Europäer mit einem fröhlichen und frischen “cheers, mate”.
Stage 1 war dann ein Weckruf, und zwar was für einer. Gut gelaunt und angefeuert ging es vom bunt geschmückten Start in einen fast 15 minütigen Trail, voller fieser Wurzel- und Tragepassagen, Steinfeldern, Gegenanstiegen und am Ende Highspeed-Segmenten mit kleineren Drops und Sprüngen. Wieder unten am Rennstart angekommen war Zeit, die Getränkevorräte aufzufüllen und einen kleinen Snack einzuwerfen, bevor es auf zu Stage 2 ging. Hierbei handelte es sich tatsächlich um einen angelegten Mountainbike-Trail, voller gut angelegter, spaßiger Kurven und dem ein oder anderen technischen Steilstück. Im Ziel konnten alle Teilnehmer den Tag am Strand mit Bier und Hotdogs ausklingen lassen, was alle Qualen schnell vergessen machte.
Tag 2 – Nydia Bay
Im Vorfeld wurden wir gewarnt, dass Tag 2 die mit Abstand härteste Etappe des Rennens werden würde. Entsprechend früh morgens traf sich das Fahrerfeld auf einer noch feuchten und schattigen Wiese, wo wieder die Timing Chips ausgegeben und Kaffee verkauft wurde, bevor es in den Shuttle zur ersten Stage ging. Auf alles genau einzugehen, würde zu lange dauern, doch im Prinzip hangelten sich die beiden ersten Stages kontinuierlich rechts am Hang entlang, waren gespickt mit rutschigen, schwer einsehbaren Kurven und mit einem äußerst anspruchsvollen, doch epischen Transfer verbunden. Insbesondere Stage 2 war technisch extrem herausfordernd und eine Challenge, überhaupt flüssig zu fahren. Am Fuß der Stage führte ein leichter und gut rollender Transfer zur wohl idyllischsten und schönsten Lodge, die mir je im Leben untergekommen ist. Dort gab es für jeden Burger und kalte und warme Getränke, bevor der zweite Teil des Tages attackiert werden musste.
Das klang bis jetzt alles ganz schön krass und anstrengend und anspruchsvoll … dabei darf man aber nicht die beeindruckende Landschaft vergessen, durch die wir uns den ganzen Tag kämpften. Außerdem war es ja auch ein Rennen und da darf es dann auch mal ein bisschen in den Beinen zwicken. Krass, anstrengend und anspruchsvoll ging es weiter mit einem zweiten panoramareichen aber kräftezehrenden Uphill, bevor die beiden letzten und meiner Meinung nach besten Stages den Tag beschlossen. Stage 3 ähnelte den ersten beiden, war aber eine ganze Ecke flowiger und teilweise auf ziemlich coolem Nadelboden, während Stage 4 auch gut in ein DH-Rennen gepasst hätte und einfach nur mega ruppig und Vollgas war. Das Ziel lag wiedermal in einer Bucht. Dort bot sich die Möglichkeit, einen Shuttle zurück zum Ausgangspunkt zu nehmen oder wie wir, ein Boot-Taxi nach Havelock.
Tag 3 – Wakamarina
Wer es bis hierhin geschafft hatte, konnte schonmal aufatmen – denn jetzt stand das Highlight des ganzen Rennens bevor. In Gruppen von 5 Leuten wurden wir mit zwei Helikoptern von einem versteckt liegenden Campingplatz auf eine winzig kleine offene Fläche auf einem schmalen Höhengrad tief im Wald geflogen. Nur wenige Meter weiter startete direkt Stage 1: Ein sehr cooler, oben naturbelassener, unten ausgewaschener Trail mit einigen harten Gegenanstiegen. Mit komplett kalten Beinen und immer noch leicht in die Helikopter-Pilotin verliebt und entsprechend unkonzentriert war das eine echte Challenge.
Nach einem etwa einstündigen, tragend zurückzulegenden Uphill folgte Stage 2: Ein knapp 15 minütiges Wurzel-Feuerwerk, ohne Gegenanstiege, dafür mit viel Linienwahl und im Prinzip eine Enduro-Stage, wie sie im Buche steht. Ab dem oberen Teil dieser Stage kann ich euch den Rest auch nur noch als Beobachter und nicht mehr als Teilnehmer berichten. Munter in die GoPro brabbelnd und nach einem bis jetzt komplett sturzfreien Rennen etwas übermotiviert, übersah ich einen ziemlich technischen Drop – da half auch die neue DebonAir-Luftfeder nix und ich biss ordentlich mit dem Gesicht in den Boden. Neben der Strecke sitzend, Blut aus Mund und Nase laufend, verfluchte ich mich dafür, keinen Fullface-Helm aufgezogen zu haben. Die Sache stellte sich jedoch als harmlos raus – im Gegensatz zu meinem rechten Daumen. Der hatte komisch geknackt und schwoll nun auf beachtliche Größe an, die wohl gereicht hätte, um mit Zaphod Beeblebrox per Anhalter durch die Galaxis zu reisen.
Gregor in Gefahr – NZ Enduro von Moritz – Mehr Mountainbike-Videos
Der Daumen war auf alle Fälle erstmal hinüber, also hieß es, die restliche Strecke schiebend zurückzulegen, bis mich ein Pick-up die letzten Meter fahren könnte. Nach Stage 2 folgte ein sanfter Transfer, den ich sogar teilweise einhändig fahren konnte und der, sobald es bergab ging, nahtlos in die finale Stage 3 überging. Diese war wieder mal extrem schnell, voller loser Steine und im unteren Teil mit einigen steilen, technischen Kurven gespickt. Hier kam mir bereits ein Streckenposten entgegen, der mir gleich mein Bike abnahm und Richtung Ausgang brachte. Nach geschätzten 2 Stunden kam ich endlich am Auto an, wo mein Bike schon eingeladen war und mir der Streckenposten erstmal ein Bier in die Hand drückte – die Neuseeländer sind eben ein bisschen lockerer drauf. Im Ziel gab es dann reichlich zu essen und mehr Bier, während die Siegerehrung stattfand und Tombola-Preise vergeben wurden. Danke an dieser Stelle auch nochmal an Elmar und Max, die zurückblieben, um mir wieder zurück in die Zivilisation zu helfen.
Fazit – NZ Enduro 2018
Mit dem Fazit, dass man in Neuseeland ganz gut Mountainbiken kann, schocke ich vermutlich niemanden mehr. Statt nur Party-Laps in Queenstown zu shredden (Bro!) sollte man sich jedoch auch die touristisch nicht ganz so erschlossene Nelson-Region im Norden der Südinsel zu Gemüte führen. Das NZ Enduro ist vermutlich die beste Gelegenheit, die sonst schwer erreichbaren Trails zu entdecken. Den Organisatoren ist es gelungen fantastische Landschaften, erstklassige Trails und eine freundschaftliche Atmosphäre zu einem ziemlich einmaligen Paket zusammen zu schnüren. Außerdem: Wann fliegt man bitte schonmal mit einem Helikopter zum Radfahren?