Cannondale Jekyll 29 im Test: Zum Modelljahr 2001 tauchte im Cannondale-Portfolio erstmals ein Rad mit dem Namen Jekyll auf. Das damalige Bike kam mit 26″-Laufrädern, 3 x 9 Gängen, Lefty- oder Headshok-Gabel und einem Lenkwinkel über 70°. Das aktuelle Cannondale Jekyll hingegen rollt auf 29″-Laufrädern, verfügt über 1 x 12 Gänge und eine sehr moderne Geometrie mit 150 mm Federweg. Vieles hat sich also anders verändert – treu geblieben ist man jedoch dem vom Lenker aus verstellbaren Dämpfer. Wir wollten herausfinden, welche Persönlichkeit dem Jekyll innewohnt: Gemacht für freundliche Trails oder grobes bösartiges Gebolze? Hier ist der Test.
Steckbrief: Cannondale Jekyll 29
Einsatzbereich | All-Mountain, Enduro |
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Federweg | 150-160 mm/120-150 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Website | www.cannondale.com |
Das Cannondale Jekyll 29 ist die EWS-Race-Maschine von Cannondale und wird als 27,5″-Version (hier zum Cannondale Jekyll 2017 Test) oder als 29er gebaut. Unser Test-Bike steht auf großen Laufrädern und stellt vorne und hinten jeweils 150 mm Federweg zur Verfügung. Wenn man sich den Dämpfer wegdenkt, liegen Vorgängermodell und neues Jekyll sehr nahe beieinander – den größten Unterschied machen nämlich die Position sowie die Art des Dämpfers: War das alte Rad noch mit Pullshock-Technologie ausgestattet, verwendet man am neuen Rad einen herkömmlichen, auf Druckbelastung ausgelegten Dämpfer. Ganz ohne Spezialtechnik will man das Rad aber nicht in den Markt schicken: Am Fox-Dämpfer wird die Gemini-Technologie verwendet, bei der man per Lenker-Fernbedienung den Federweg für den Uphill verringern kann.
Wie auch der Vorgänger kommt das aktuelle Enduro-Bike der Amerikaner mit Carbon-Rahmen, allerdings mit überarbeiteter Geometrie. Auch sonst gibt es einige Neuerungen: Für den Enduro-Renneinsatz oder die Hausrunde ohne Rucksack findet eine Wasserflasche unter der großen Carbon-Wippe Platz, das Rad ist zudem für die elektronische Shimano Di2-Schaltung vorbereitet.
Geometrie
Bei der Geometrie hat sich Cannondale nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt und ist nicht ins Extreme abgedriftet. Auf dem Papier macht das Cannondale Jekyll 29 einen sehr ausgeglichenen Eindruck, mit moderaten Winkeln und einem vernünftig wirkenden Verhältnis von Hauptrahmen zu Hinterbau. Für 150 mm Federweg fällt der Lenkwinkel von 65° angenehm flach aus. Der effektive Sitzwinkel ist mit 75° weder besonders steil noch besonders flach. Das Sitzrohr ist nur leicht nach vorne verschoben, mit dem etwas flacheren, realen Sitzwinkel sollte es also nicht zu Problemen kommen. Auch die Sitzrohrlänge ist, mit Ausnahme vom XL-Rahmen, auf dem Stand der Zeit. Während man von Rahmengröße S bis L um jeweils 30 mm von Rahmengröße zu Rahmengröße verlängert, erhält das XL-Rad mit 520 mm ein 60 mm längeres Sitzrohr. Mit nur 16 mm Tretlagerabsenkung liegt das Tretlager relativ hoch.
Größenübergreifend sind die Kettenstreben 442 mm lang, Reach und Stack allerdings wachsen moderat und stetig. Von 419 mm in Größe S bis 488 mm in XL reichen die Reach-Werte, Größenempfehlungen geben die Amerikaner nicht ab. Vielmehr soll man sich mit seinem Händler abstimmen, um die individuell passende Rahmengröße herauszufinden. Im Testfeld ist das Jekyll laut Geometrie-Tabelle das längste Rad – wenn man den Radstand betrachtet. Und das trotz des kürzesten Reach-Wertes? Ja, das Jekyll hat den flachsten Lenkwinkel und die längste Kettenstrebe. In der 29″-Enduro-Kategorie ordnet sich das Cannondale in der modernen, aber bewährten Ecke ein.
Größe | S | M | L | XL |
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Sitzrohrlänge | 400 mm | 430 mm | 460 mm | 520 mm |
Oberrohrlänge | 586 mm | 611 mm | 636 mm | 664 mm |
Steuerrohrlänge | 102 mm | 115 mm | 127 mm | 140 mm |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel | 75° | 75° | 75° | 75° |
Kettenstrebenlänge | 442 mm | 442 mm | 442 mm | 442 mm |
Tretlagerabsenkung | 16 mm | 16 mm | 16 mm | 16 mm |
Radstand | 1189 mm | 1216 mm | 1243 mm | 1273 mm |
Reach | 419 mm | 441 mm | 463 mm | 488 mm |
Stack | 595 mm | 606 mm | 617 mm | 629 mm |
Ausstattung
Insgesamt erscheint die Ausstattung an den Cannondale Jekyll 29-Modellen sinnvoll und dem Einsatzzweck angemessen gewählt. Beim Fahrwerk verlässt man sich auf Fox-Komponenten: Am Topmodell gibt es die 36 Factory mit GRIP2-Dämpfung, danach wird abgestuft – Modell 2 kommt mit 36 Performance Fit4, Modell 3 mit 36 Performance GRIP. Am Heck wird analog vom Float DPX2 Factory über den Performance DPX2 bis zum Float DPS abgestuft – alle drei Dämpfer kommen aber mit Gemini-Technologie. Den Sattel senkt allerdings nur am Topmodell eine Fox Transfer ab: Am Einstiegs-Modell wird die TranzX Dropper, in der Mittelklasse eine Cannondale-Variostütze verbaut.
Angetrieben werden die Jekyll 29-Modelle ausschließlich mit SRAM Eagle-Antrieben: Das 6.499 € teure Modell 1 und das 5.499 € teure Modell 2 werden mit X01-Antrieb ausgestattet, am 3.999 €-Bike ist die GX Eagle verbaut. Bei den Bremsen gibt es überraschenderweise nicht ausschließlich den SRAM-Spec: Während die Varianten „1“ mit Code RSC und „3“ mit Guide R ausgestattet sind, setzt man am „2“-Modell auf eine Shimano XT-Vierkolbenbremse. Auf den Alu-Laufrädern von Stan’s sind Maxxis Minion DHF/DHR II Reifen montiert. Ergänzt werden die Ausstattungsvarianten durch Cannondale-Anbauteile.
- Federgabel Fox 36 Factory Float GRIP 2(150 mm)
- Dämpfer Fox DPX2 Factory Gemini (150 mm)
- Antrieb SRAM X01
- Bremsen SRAM Code RSC
- Laufräder Stans NoTubes ZTR Flow MK2
- Reifen Maxxis Minion DHF/DHR II
- Cockpit Cannondale C1 Carbon (780 mm) / Cannondale C1 (35 mm)
- Sattelstütze Fox Transfer (150 mm)
Cannondale Jekyll 29 1 | Cannondale Jekyll 29 2 | Cannondale Jekyll 29 3 | |
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Rahmenmaterial | Carbon | Carbon | Carbon |
Dämpfer | Fox DPX2 Factory EVOL, Gemini Dual-Mode | Fox DPX2 Performance EVOL, Gemini Dual-Mode | Fox DPS Performance, Gemini Dual-Mode |
Federgabel | Fox 36 Float Factory Grip2, 150 mm | Fox 36 Float Performance Fit4, 150 mm | Fox 36 Float Performance Float, 150 mm |
Vorbau | Cannondale C1, 35 mm | Cannondale C1, 35 mm | Cannondale C1, 35 mm |
Lenker | Cannondale C1 Carbon, 780 mm | Cannondale C3 Alloy, 780 mm | Cannondale C3 Alloy, 780 mm |
Griffe | Cannondale Lock-On | Cannondale Lock-On | Cannondale Lock-On |
Bremsen | SRAM Code RSC | Shimano XT 4-Piston | SRAM Guide R |
Schaltung | SRAM X01 Eagle | SRAM X01 Eagle | SRAM GX Eagle |
Laufräder | Stan's NoTubes Flow MK3 | Stan's NoTubes Flow MK3 | Stan's NoTubes Flow S1 |
Reifen | Maxxis Minion DHF 29" x 2,5" WT / Maxxis Minion DHR II 29" x 2,4" WT | Maxxis Minion DHF 29" x 2,5" WT / Maxxis Minion DHR II 29" x 2,4" WT | Maxxis Minion DHF 29" x 2,5" WT / Maxxis Minion DHR II 29" x 2,4" WT |
Sattelstütze | Fox Transfer, 125 mm (S) / 150 mm (M - XL) | Cannondale DownLow, 100 mm (S) / 125 mm (M) / 150 mm (L - XL) | TranzX Dropper, 100 mm (S) / 125 mm (M - XL) |
Sattel | Fabric Scoop Shallow Elite | Fabric Scoop Shallow Elite | Fabric Scoop Shallow Sport |
Gewicht | N/A | N/A | N/A |
Preis | 6.499 € | 5.499 € | 3.999 € |
Im Detail
Form follows Flaschenhalter?
Bei der Vorstellung der beiden neuen Modelle Jekyll und Trigger war die Optik der neuen Bikes ein vieldiskutiertes Thema in der Community. 2018, zur Vorstellung des 29er Jekyll, hatten sich die meisten bereits an die eigenständige Optik gewöhnt. Dabei hat Cannondale rein optisch keine zu große Änderung vollzogen: Die kleinen Anpassungen sind wohl der Modernisierung und dem Wechsel auf den Druckdämpfer zuzuschieben.
Bleiben wir beim Dämpfer: Für den Uphill trimmt Cannondale das Rad nicht via Druckstufendämpfung. Stattdessen verwendet das hauseigene Gemini-System, ähnlich wie beim TwinLoc-Dämpfer des Scott Genius und Ransom, eine zusätzliche Luftkammer. In Summe sitzen am Dämpfer so drei Luftkammern: Negativ-Feder, Positiv-Feder und die zuschaltbare Erweiterung der Positiv-Feder. Das Betätigen der Lenker-Fernbedienung schließt beziehungsweise öffnet die Erweiterung der Positiv-Feder. Durch die Verkleinerung der Luftkammer auf Knopfdruck wird die Luftfeder viel progressiver – vergleichbar wäre dies mit dem Einsetzen extrem vieler Volumenspacer. Die Kinematik kann weiterhin 150 mm freigeben, durch die angestiegene Progression im Federbein erhält man effektiv jedoch nur noch 120 mm Federweg. Da die Progression mit der kleineren Luftkammer bereits früher einsetzt, sinkt auch der Sag am Dämpfer-Kolben – ergo: weniger Einfedern, höheres Tretlager, steilerer Sitzwinkel und eine straffere, aber weiterhin aktive Federung.
Auch sonst wirkt der Rahmen des Cannondale Jekyll 29 durchdacht: Wie am 27,5″-Modell verwendet man am 29er einen asymmetrischen Hinterbau. Cannondale will zugunsten der großen Reifenfreiheit bei gleichzeitig kurzer Kettenstrebe keine Kompromisse hinsichtlich Stabilität und Steifigkeit machen. Aus diesem Grund wurde die Kettenlinie 6 mm nach außen verschoben, mit ihr wandert auch die Hinterrad-Nabe um 6 mm. Somit erhält man um das Tretlager etwas mehr Platz und positioniert die Felge gleichzeitig mittig zwischen den Nabenflanschen. Die gleichmäßigere Speichenspannung soll zur Stabilität des Laufrads beitragen.
Anderen Herstellern ist es gelungen, knapp 30 mm kürzere Kettenstreben bei nur einem Zentimeter Federweg weniger zu realisieren. Daher lohnt es sich, die Konstruktion von Cannondale einmal genauer anzuschauen: Mit 442 mm ist die Kettenstrebe nicht gerade kurz und mit bei 2,4″ breiten Reifen bleibt nicht mehr unendlich viel Platz für Matsch – somit bleibt der einzige reale Vorteil der Argumentation Cannondales die gleichmäßige Speichenspannung.
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards des Cannondale Jekyll 29 findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Kinematik | Abgestützter Eingelenker | |
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Verschiedene Lager-Größen | 3 | im Hinterbau |
Gesamtzahl Lager im Hinterbau | 10 | Anzahl |
Lagerbezeichungen | 4 x 6800 (X7*20*9 mm), 4 x 6802 (X8*15*7 mm), 2 x 6903 | Herstellerangabe |
Hinterbau Einbaumaß | 148 mm x 12 mm | Einbaubreite x Achsdurchmesser |
Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 2,5" | |
Dämpfermaß | 230 mm x 60 mm | Gesamtlänge x Hub |
Trunnion-Mount? | Nein | |
Dämpferhardware erstes Auge | M8 x 30 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Dämpferhardware zweites Auge | M8 x 30 mm | Bolzendurchmesser x Einbaubreite |
Freigabe für Stahlfederdämpfer | Nein | |
Freigabe für Luftdämpfer | Ja | |
Empfohlener Dämpfer-SAG | 30% – 18 mm | In % oder mm |
Steuerrohr-Durchmesser | IS 41 mm, 52 mm | oberer Durchmesser, unterer Durchmesser |
Maximale Gabelfreigabe | 160 mm | Federweg bzw. bis zu welcher Einbauhöhe |
Tretlager | PF30 | welcher Standard, Durchmesser, Breite |
Kettenführungsaufnahme | ISCG05 | |
Umwerferaufnahme | - | |
Schaltauge | CK3257U00OS, UVP 23,-€ | Typ, Kosten in € |
Optimiert auf welches Kettenblatt | N/A | Zahnzahl |
Bremsaufnahme | Flat Mount | welcher Standard |
Maximale Bremsscheibengröße | 180 mm | |
Sattelrohrdurchmesser | 31,6 mm | |
Sattelklemmendurchmesser | 34,9 mm | |
Maximale Stützen-Einstecktiefe | 100 mm | |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja | |
Messung Sitzwinkel | Lt. Geometrietabelle auf Stack-Höhe | |
Flaschenhalteraufnahme | Ja | Eine, Unter der Wippe |
Andere Extras, Werkzeugfächer | Gemini-Dämpfertechnologie | |
Gewicht Rahmen | N/A | |
Gesamtgewicht Bike | N/A | |
Garantie/Service | Lifetime Warranty nach Online Registrierung auf dem Rahmen, Crashreplacement innerhalb von 2 Jahren |
Auf dem Trail
Sein hohes Tretlager, der geringe Sitzrohr-Versatz und die zusätzliche Verwendung der Gemini-Fernbedienung machen Lust auf den Uphill. Entspannt rollen wir los und unser motiviertes Tempo gefällt dem Jekyll. Wir wechseln zwischen den zwei verschiedenen Gemini-Stellungen hin und her und das System offenbart seine Stärke: Das Tretlager wird nochmal etwas angehoben, was für eine sehr angenehme Sitzposition sorgt. Probleme gab es selbst mit viel Sattelstützen-Auszug nicht. Man merkt aber auch direkt den Unterschied zum Scott, bei dem gleichzeitig die Druckstufendämpfung erhöht wird: Ein leichtes Wippen begleitet den Fahrer mit auf den Berg. Dieses lässt sich über den Plattformhebel leicht unter Kontrolle bringen, die Wohlfühl-Geschwindigkeit bleibt aber weiter im moderaten Bereich.
Wir wagen uns in härteres Terrain und stellen recht schnell fest: Mit diesem Rad kann man richtig schnell fahren!
Bleibt man auf entspannten Trails, kann die 120 mm-Einstellung beibehalten werden. Durch das höhere Tretlager, den straffen Hinterbau und den etwas steileren Lenkwinkel wirkt das Rad lebendiger. Die leichte Ungleichheit im Federweg kann die sehr fähige Fox 36 GRIP2 gut abfangen, sobald das Gefälle aber zunimmt, ist man mit der 150-mm Einstellung am Heck besser beraten. Die Asymmetrie kann ansonsten dazu führen, dass man zu viel Druck auf die Front bekommt und sich ein unangenehmes Überschlagsgefühl einstellt.
Wir wagen uns in härteres Terrain und stellen fest: Mit diesem Rad kann man richtig schnell fahren, denn das Fahrwerk ist potent genug. Zu hohen Geschwindigkeiten in wildem Gelände muss man das Jekyll aber etwas zwingen und sollte sich seiner Sache sicher sein – die Reserven und das Gefühl nach unendlich Federweg vermittelt dieses Bike nicht so sehr wie andere Vertreter seiner Klasse. Fährt man in diesem Terrain nicht mit ausreichend Selbstbewusstsein, braucht man starke Arme. Grund dafür ist der Hinterbau, der sich bei langsamer Fahrt auf unruhigem Untergrund etwas in den Hindernissen verkeilt, bevor das Rad diese überrollt. Arbeitet man nicht aktiv, verliert das Rad zunehmend an Geschwindigkeit, Schlag für Schlag schwingt der Oberkörper kurz Richtung Cockpit.
Ist man mit dieser Eigenheit vertraut, kann man seinen Fahrstil entsprechend anpassen – das Fahrwerk ermöglicht es, durchs Gelände zu pushen und somit die Geschwindigkeit beizubehalten. Zudem ist das Tretlager hoch genug, um auch mal kurz Zug auf die Kette zu bringen, ohne direkt in der nächsten Wurzel einzufädeln. Für den Renneinsatz will man aktiv auf diesem Rad stehen, außerdem ist man am Jekyll mit Klicks definitiv besser beraten als mit Flatpedalen.
Zurück in die Komfortzone des Jekyll, wo es sich austoben darf: Das Rad folgt willig und kann seinen sehr hohen Spieltrieb komplett auf dem Trail ausleben. Sprünge und Kurvenwechsel, wie man sie aus „A Slice of British Pie“ kennt, nimmt das Rad trotz hohem Tretlager überraschend gelassen und taut hier nach der Eingewöhnungszeit komplett auf. Input von oben wird durchgereicht, kommt direkt am Boden an und das Rad lässt sich zu wilden Kurvenfahrten, schnellen Kurvenwechseln und dem einen oder anderen Manöver in der Luft mitreißen.
Das ist uns aufgefallen
- Cockpit Vergleichbare Systeme mit Lenker-Fernbedienung hatten wir zuletzt am Scott Ransom und am Canyon Strive CF. Cannondale und Scott ist die Integration nicht perfekt intuitiv gelungen – Probleme scheint vor allem die Position der Dropperpost-Fernbedienung zu machen. Beim Positionieren von Brems-, Dropper- und Gemini-Lenkerschelle muss man geduldig sein, bis man ein passendes Setup gefunden hat, bei dem alle Hebel erreichbar sind.
- Geräuschkulisse Eine verschlissene Lagerbuchse am hinteren Dämpfer-Auge und der sich lösende Unterrohr-Schutz sorgten für eine unangenehme Geräuschkulisse.
- Sitzrohrlänge 520 mm Sitzrohrlänge sind nicht gerade wenig – kleinere Fahrer mit Vorliebe für lange Bikes kamen an ihre Grenzen.
- Pump it Bei moderaten bis langsamen Fahrgeschwindigkeiten bleibt das Heck an Schlägen hängen – hier muss man Einsatz zeigen.
Im Vergleich
Der Vergleich ist naheliegend: Das Cannondale Jekyll 29 muss sich gegen das Scott Genius und das Canyon Strive beweisen.
Cannondale Jekyll 29 vs. Scott Genius
Beide Hersteller setzen auf ähnliche Ansätze für den Uphill-Einsatz: Vor allem die Progression durch die Luftkammerverkleinerung macht den Unterschied. Wer sich durch ein leichtes Wippen stören lässt, ist mit dem Genius besser beraten, beim Jekyll müsste man nämlich zusätzlich den Dämpfer von Hand blockieren. Das leichtere Genius hat bergauf die Nase vorn. Bergab wissen beide Räder durch eine angenehme Balance zu überzeugen. Sowohl Genius als auch Jekyll kommen irgendwann ans Limit. Das potentere Fahrwerk kann die Schwächen in der Geometrie aber recht gut ausmerzen, weshalb uns das Jekyll ab Werk lieber wäre, wenn man ans Limit geht. Mit Anpassungen am Fahrwerk hat das Genius aber das Potential, dem Jekyll den Rang abzulaufen.
Cannondale Jekyll 29 vs. Canyon Strive
Das Strive bietet vorne zwar mehr Federweg, kommt aber auch mit einem System zur Verbesserung der Uphill-Performance. Ganz unverblümt: Bei der Sortierung am Lenker macht Canyon aktuell keiner etwas vor, die Bedienung ist sehr viel einfacher und intuitiver. Im Fahrverhalten unterscheiden sich die Räder etwas: Während beide sehr spritzig und aktiv zu fahren sind, bietet das Canyon durch die lange Geometrie und die gelungene Fahrwerksabstimmung mehr Reserven, wenn es anfängt richtig zu knallen. Preislich schenken sich beide Räder inzwischen nicht mehr viel, die Ausstattungen der Topmodelle unterscheiden sich geringfügig – aufgrund der Alu-Laufräder ist das Cannondale aber im Vergleich zum Strive CFR 9.0 LTD unserer Meinung nach sinnvoller ausgestattet.
Fazit – Cannondale Jekyll 29
Als Spezialist bleibt sich das Cannondale Jekyll 29 weiterhin treu: Die Modernisierung und der Wechsel auf herkömmliche Dämpfer tun dem Rad gut. Bergauf hilft der Gemini-Dämpfer spürbar und verbessert die Uphill-Performance auf Knopfdruck, ohne dem Rad Traktion zu rauben. Bergab kann es durch seine hohe Agilität überzeugen und offenbart selbstbewussten Fahrern Laufruhe bei hohen Geschwindigkeiten. Cannondales Interpretation des 29"-Enduros liegt insgesamt auf der spritzigen Seite und so macht das Bike meisten Spaß, wenn man es aktiv über den Trail scheucht.
- Hohe Agilität
- Gute Funktion der Gemini-Technologie
- Laufruhe offenbart sich bei hoher Geschwindigkeit
- In grobem Gelände fehlt etwas Sicherheitsgefühl
- Kettenstrebenschutz am Hinterbau nicht ausreichend
Findet ihr einen Zusatzschalter am Lenker für die Up- oder Downhill-Optimierung sinnvoll?
Testablauf
Mit dem Cannondale Jekyll 29 waren wir ein mehrere Monate mit unterschiedlichen Testern unterwegs. Nahezu alle Abfahrten wurden aus eigener Muskelkraft erarbeitet. Neben individuellen Anpassungen wie Griffen, Lenker und Pedalen wurden auch Laufräder und Reifen getauscht. Im Fahrwerk legten wir besonderen Wert auf Abstimmung, die der Vorliebe des jeweiligen Testers entspricht. Folglich wurden neben dem Standard-Prozedere der Sag-Anpassung auch Anpassungen an Dämpfung und Luftkammer-Volumen durchgeführt. Das Cannondale Jekyll 29 wurde uns für den Testzeitraum kostenlos zur Verfügung gestellt. Es dient außerdem als Teileträger für weitere Tests.
Hier haben wir das Cannondale Jekyll 29 getestet
- Singletrails: Naturtrail bis gebaute Strecke, schnell bis verwinkelt, sandig bis lehmiger Boden
Körpergröße | 190 cm |
Schrittlänge | 91 cm |
Oberkörperlänge | 56 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 95 kg |
- Fahrstil
- Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich
- Singletrails, sprunglastiger Local Spot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, moderat progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie
- Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 430 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
Körpergröße | 190 cm |
Schrittlänge | 94 cm |
Oberkörperlänge | 49 cm |
Armlänge | 60 cm |
Gewicht | 70 kg |
- Fahrstil
- flüssig
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
- Vorlieben bei der Geometrie
- vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel
Der Beitrag Cannondale Jekyll 29 im Test: Ein Klassiker kehrt zurück erschien zuerst auf MTB-News.de.