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Die finale Etappe der Trans Provence: Von Sospel geht es bis nach Menton ans Meer, wo das lange Etappenrennen sein Ende findet. Noch einen Tag Gas geben, aber sicher genug fahren, um es ohne Verletzung oder Defekt bis ins Ziel zu schaffen. Los gehts!
Heute steht uns eine relativ entspannte Schluss-Etappe mit lediglich 37,13 km und 1.230 Höhenmetern bevor. Dazu gilt dank zwei Shuttle-Fahrte 2.691 Tiefenmeter und vier gezeitete Stages zu überwinden.
- Distanz: 37,13 km
- Höhenmeter: 1.230 m
- Tiefenmeter: 2.691 m
- Stages: 4
Stage 21: Barquiera
Heute können wir etwas länger schlafen, denn Frühstück gibt es erst ab 6:00 Uhr und die zweite Shuttle-Welle startet erst um 9:00 Uhr Richtung Berg. Mit einem guten Gefühl und viel besserer Stimmung als gestern starten wir in den letzten Tag.
Für einen großen Lacher wird dann direkt am Shuttle-Ausstieg gesorgt. Ein Fahrer vermisse sein Bike, er habe es in der Nähe der Shuttle-Busse neben der Toilette abgestellt und es sei verschwunden gewesen, als er mit seinem Geschäft fertig war. Er sei davon ausgegangen, dass es jemand in den Bus geladen hat, doch am Ausstieg fehlte es jetzt. Einen kurzen Anruf von Renn-Organisator Ash später gibt es die Aufklärung: Bike, Rucksack und Timing Chip liegen noch neben dem Zelt des Fahrers. Der werte Herr ist also einfach ohne Ausrüstung in den Bus gestiegen – die harte Woche zeigt wohl ihre Wirkung. Die Meute lacht und applaudiert. Das Bike wird aber natürlich noch von einem der Shuttle-Fahrer geholt und der Tag kann starten.
Zunächst erwartet uns ein recht kurzer und entspannter Schotter-Uphill, bevor wir auf einem flowigen Trail-Transfer auf losem Waldboden zum Start der ersten Stage rollen. Meine Beine fühlen sich noch immer Recht fit an, meine Unterarme fühlen sich aber nicht so gut an und mein Handgelenk ist nach dem gestrigen Sturz etwas blau.
Trotzdem starte ich motiviert in die erste Stage, die mir noch von Santa Cruz Nomad-Pressecamp bekannt ist. Sie sollte ursprünglich etwas länger sein, wurde aber verkürzt, da aktuell Schäfer mit ihren Herden im oberen Teil unterwegs sind. Schnelle Geraden auf losem Waldboden wechseln sich mit ewigen, steilen Spitzkehren, die mit losem Schotter aufwarten. Ich komme recht gut durch, meine Trail-Kenntnis scheint mir aber nicht wirklich zu helfen – ich kann mich an keine der Schlüsselstellen erinnern. Zufrieden komme ich nach 455 Tiefenmetern im Ziel an.
Stage 22: Saint-Ouen
Schon 100 Meter weiter wartet die zweite Stage des Tages auf uns. Spitzkehren auf losem Waldboden laden zum driften ein. Einige engere, felsige Passagen erfordern zwischendurch volle Konzentration.
Ich komme insgesamt gut durch, doch kurz vorm Ziel wartet noch eine 180° Spitzkehre, die vorher kaum zu sehen ist. So verpasse ich sie auch prompt, muss vom Rad springen, es rumheben und dann schnell ins Ziel sprinten. Nach kurzen 172 Tiefenmetern komme ich glücklich im Ziel an.
Danach rollen wir über einen steilen Transfer-Trail ins Tal zu unserer Food-Station. Dann geht es mit dem Shuttle bergauf, bevor uns ein Uphill auf einer Schotterstraße mit entspannter Steigung erwartet. Über 30°C und eine hohe Luftfeuchtigkeit machen uns das Leben trotzdem zur Hölle.
Oben angekommen geht es einen technischen Trail hinab. Steile felsige Spitzkehren in alpinem Gelände fordern auf dieser nicht-gezeiteten Passage trotzdem alles. Auf dem Weg tauchen wir in tief hängende Wolken ein, was die Temperatur deutlich erträglicher macht. Dann erreichen wir den Start von Stage 3.
Stage 23: Foret de Menton
Stage 3 ist die vorletzte Stage, die uns vom Meer trennt. Ein flowiger Trail mit entspannten Spitzkehren auf perfektem Waldboden. Dank kleinen Singletrail-Anstiegen und einem längeren Schotter-Uphill bleibt es trotzdem anstrengend. Ich komme gut durch, lasse es auf dem Schotter-Uphill aber entspannt angehen. Kurz danach geht es nochmal in einen knackigen, aber sehr kurzen Singletrail – etwas mehr Gas hätte ich also vielleicht schon geben können. Aber ich wollte nicht riskieren, nochmal komplett blau in eine technische Sektion zu fahren und der Trail hatte insgesamt immerhin 431 Tiefenmeter. Insgesamt bin ich mit meiner Leistung aber zufrieden und mache mich auf den Asphalt-Transfer zur letzten Stage des Tages. Auf dem Weg lässt sich endlich der Blick aufs Meer genießen.
Stage 24: Hecklers Rock
Unsere finale Stage startet auf einem flowigen Waldtrail. Mit Vollgas pedaliere ich also in die Stage – zum Abschluss nochmal alles geben. Nach etwa der Hälfte der Stage wartet ein nahezu unüberwindbares Steinfeld bergauf. Abspringen und hochsprinten ist angesagt. Danach verwandelt sich der Trail in ein Chaos aus Treppenstufen mit verschiedenen Abständen und Höhen. Es gilt den Lenker festzuhalten und die Bremse aufzulassen. Ich komme gut hindurch und kann sogar die Schlüsselstelle, eine merkwürdig hoch heraustehende Treppenstufe, überspringen. Kurz vor dem Ziel hat sich ein Großteil der vorausgehenden Fahrer versammelt und feuert mich an. Glücklich und zufrieden komme ich ins Ziel und geselle mich zu den anderen – anfeuern macht fast noch mehr Spaß als fahren.
Dann geht es im Train geschlossen die letzten Treppenstufen bis zum Meer hinab. Es wird fröhlich abgeklatscht und alle freuen sich einfach, es geschafft zu haben. Dann geht es ins Meer und natürlich darf auch das ein oder andere Bier nicht fehlen. Danach werden natürlich auch noch die Platzierungen gecheckt. Bei den Profis gewinnt der Amerikaner Marco Osborne, gefolgt von den Franzosen Francois Bailly-Maitre und Ludo May. Auf den Plätzen vier und fünf landen Jamie Nicoll und Max Schumann. Bei den Damen sichert sich Ines Thoma den Sieg. Glückwunsch vor allem an euch drei, aber natürlich auch an alle anderen Finisher! Ich schaffe es bei den Amateuren auf Platz fünf und sichere mir damit auch noch einen Platz neben dem Podium – und darf an dem Sektduschen-Spaß teilhaben. Sehr geil! Damit hätte ich eigentlich nicht gerechnet.
Das Abendessen genießen wir auf einer Terasse mit Blick aufs Meer. Heldengeschichten der Woche werden ausgetauscht und die gemeinsame Teilnahme an weiteren Events diskutiert.
Rückblickend muss ich sagen, dass es einfach eine grandiose Woche war. So viele Trails in so unterschiedlichem Gelände zu fahren, die grandios vielseitige Landschaft zu erleben: das dürfte man sonst so gut wie nirgendwo finden. Die Mischung aus Müdigkeit, harten Trails und Zeitnahme hat mich zwar das eine oder andere zu Boden geschickt, aber es war trotzdem eine unglaubliche Erfahrung, Teil dieses Abenteuers zu sein. Also dann bis nächstes Jahr? (!)
Ergebnisse
Video: Trans Provence 2017 – Tag 6
Hier findest du alle Artikel zur Trans Provence 2017
- Trans-Provence 2017: Beilmann geht hacken – die Vorbereitung
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 1: Pannenpech mit Panorama
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 2: Nicht den Vordermann umnieten!
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 3: Endlich an den Grey Earth Trails
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 4: Die Beine werden schwer ...
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 5: Es geht bergab!
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 6: Mehr Meer!
Weitere Informationen: www.trans-provence.com
Text & Redaktion: Sebastian Beilmann | MTB-News.de 2017
Bilder: Sebastian Beilmann, Sven Martin, Sam Needham, Gary Perkin, Duncan Philpott