Shimano XTR Trail Bremse im Test: Nachdem sich Shimanos XT und XTR Race bereits im Test schlagen mussten, haben wir uns auch die Shimano XTR Trail vorgenommen und ans Rad geschraubt. Wie schlägt sich das Zwei-Kolben Topmodell der Japaner – und ist es den großen Aufpreis wert? Ein knappes Jahr haben unterschiedliche Tester die Bremse in hartem Gelände herausgefordert. Hier ist unser Test.
Shimano XTR Trail – kurz & knapp
Shimanos XTR Trail M9020 ist die Trail- und Enduro-Bremse aus der XTR-Reihe. Im Gegensatz zur XTR Race M9000 ist sie nicht nur auf ein geringes Gewicht getrimmt, sondern bietet ein paar nützliche Features für den Trail-Einsatz.
- Einteiliger Bremssattel
- Werkzeugfreie Hebelverstellung
- Servo Wave Power Adjust
- Carbon-Bremshebel
Preis: 638,90 € (UVP) | Bikemarkt: Shimano XTR Trail kaufen
Technische Daten
Technische Daten | |
---|---|
Hersteller | Shimano |
Modell | XTR Trail (M9020) |
Modelljahr | 2016 |
Kategorie | Scheibenbremse |
Einsatzbereich | Trail, Enduro |
Bremssattel | BR M9020 einteiliger Monobloc |
Bremsgeber | BL M9020, inkl. I-Spec II |
Bremsmedium | Mineralöl |
Anzahl Kolben | 2 |
Montage | Post Mount |
Material Bremshebel | Carbon |
Material Beläge | Organisch / Metallisch |
Farben | XTR grau |
Bremsscheiben | Shimano SM-RT99 Freeza (140, 160, 180, 203 mm) |
Bremsleitung | SM-BH90-SBM Hochdruck-Bremsleitung |
Einstellungen | Griffweite werkzeugfrei, Servo Wave Power Adjuster |
Preis | ab 293,95 € (1x Bremse, inkl. Beläge, exkl. Scheibe) |
In der Hand
Hübsche Verpackung – aber auch eine ganz schön hübsche Bremse. Shimanos XTR Trail macht out-of-the-box ordentlich was her: Glatte Oberflächen mit schickem Finish an Bremsgeber und Bremssattel schinden optisch ordentlich Eindruck. Der einteilige Bremssattel wirkt ohne zusammenhaltende Schrauben wie aus einem Guss. Die silber/graue Farbwahl und Kühlrippen an Bremsbelägen und Bremssattel geben der Bremse einen technischen Look, Bremsgeber und Finish hingegen wirken sehr edel. Rein optisch wird die XTR Trail dem recht hohen Preis gerecht.
Aufbau
Im Vergleich zu Shimanos XTR Race M9000 Scheibenbremse fällt gleich einiges auf: Die Trail-Variante kommt mit anderem Geber und Sattel. Aus Gewichtsgründen wurde am Race-Modell auf die werkzeugfreie Hebelweiten-Verstellung und die Druckpunkt-Verstellung via Servo Wave verzichtet, außerdem ist der Hebel beim Trail-Modell anders übersetzt. Über dem Geberzylinder sitzt ein Öl-Ausgleichsbehälter, an dem auch die Entlüftungsschraube sitzt. Wie von anderen Shimano-Bremsen bekannt, lässt sich die Lenker-Klemmschelle aufklappen. Dafür muss nur der Knopf seitlich des Hebels betätigt werden.
Auch der Bremssattel unterscheidet sich stark vom Race-Modell der Bremse. Der Trail-Sattel ist einteilig ausgeführt, nicht zweiteilig – und was ist der Vorteil? Laut Shimano soll der Bremssattel so wesentlich steifer sein. Auf den großen Kolben sitzen Bremsbeläge mit Kühlrippen, die Hitze durch die Oberflächenvergrößerung schneller vom System ableiten sollen.
Montage
Bei der Montage der XTR Trail stößt man auf keine großen Probleme, die Montage von Bremsgeber und Bremssattel ist denkbar einfach. Am Lenker muss entweder der Griff abgezogen oder der Knopf betätigt werden, damit sich die Lenkerschelle vollständig öffnen lässt. Eine Plastikbeilage in der Klemmschelle hilft, auf den richtigen Durchmesser für die Lenker-Klemmung zu kommen. Wer einen Schalthebel via I-Spec II an der Bremse montieren will, kann einfach die Plastik-Beilage entnehmen und durch die I-Spec II Halterung ersetzen. Weiter geht es am Bremssattel: dieser wird klassisch mit zwei Schrauben montiert und lässt sich mit wenigen Handgriffen in kürzester Zeit sauber und schleiffrei ausrichten.
Shimano XTR Trail – Auf dem Trail
Nach der Montage auf unserem Teileträger geht es zunächst los auf Trailtouren, im späteren Verlauf des Tests wird sich die Bremse auch auf der Downhill-Strecke beweisen.
Bremsleistung
Während einige Hersteller im Endurobereich schon auf Vierkolben Bremsen setzen, kommt Shimanos XTR Trail Bremse mit zwei Kolben aus. Reicht die Bremspower von zwei Kolben auch für schwere Fahrer aus? Wir sind gespannt und rollen die ersten Meter in den Trail. Dieser startet mit einem sehr steilen Stück, eine enge Kurve spuckt den Fahrer auf einem flacheren Trail aus. Auf diesem Stück sollte man nicht zu schnell werden und unten stark verzögern, um nicht über die Kurve hinaus zu schießen. Unsere anfängliche Unsicherheit, ob die Bremspower ausreicht, verfliegt schnell: In brenzligen Situationen auf steilen Streckenabschnitten schafft es die Bremse, ihren Fahrer zuverlässig zu verlangsamen und zum Stehen zu bringen. Im direkten Vergleich mit der Downhill-Schwester Saint ist die Bremskraft schwächer, verstecken braucht sich die XTR Trail aber nicht. Greift man sehr stark in den Hebel merkt man, wie diese spürbar flexen. Das ist nicht jedermanns Sache – für einige Tester war es ein großer Minuspunkt, andere konnten sich daran gewöhnen. Hier gilt: Am besten ausprobieren.
Dosierbarkeit
Rein von der Bremskraft konnte die Bremse schon einen guten Eindruck hinterlassen, wie steht es aber um die Modulation? Sie entscheidet im Grenzfall über Grip oder Rutschen, über Kontrolle oder Kontrollverlust. Die XTR trifft einen guten Zwischenwert zwischen digitalem Bremsverhalten und extremer Modulation. Ein kurzer Hebelweg von offen bis zu voller Bremspower erlaubt es, die Bremshebel nahe am Griff zu fahren. Trotzdem lässt sich die Bremskraft sehr gut regulieren, ohne dass besonderes Fingerspitzengefühl vonnöten wäre. Draufsetzen und losfahren ist die Devise – viel Eingewöhnungszeit brauchen wir mit der Shimano-Bremse nicht. Die gute Dosierbarkeit lädt schon am Weg zum Trail zu Spielereien auf dem Hinter- oder Vorderrad ein. Auch in schwierigen Bedingungen, bei Regen oder hängenden Trails kann die XTR voll überzeugen. Schafft man es nicht, den Finger von der Bremse zu lassen, schnappt sie nicht zu und gibt nicht direkt eine Lehrstunde in Sachen “Fahrradfahren bei nassen Böden – so geht es nicht!” Vielmehr verzeiht die Bremse Fehler und schafft Vertrauen. Dabei hilft auch der konstante Druckpunkt: Die Bremse ist immer da, wenn man sie braucht. Ein inkonsistenter Druckpunkt, wie er beim Test der XT M8000 Bremse festgestellt wurde, kommt bei der XTR nicht auf.
Standfestigkeit
Überträgt man das berühmte Zitat: “Fast, Cheap, Good – Chose two.” auf Bremsen, so lautet es öfter: “Standfestigkeit, Dosierbarkeit, Bremsleistung – such dir zwei aus.” Viele gute Bremsen auf dem Markt schaffen es, zwei der drei Punkte ohne Probleme zu erfüllen, scheitern aber am dritten. Kann die XTR auch bei der Standfestigkeit überzeugen und so den Sprung von der guten zur sehr guten Bremsen schaffen? Wir sind die Bremse an diversen Bikes gefahren, mit Scheibenkombinationen aus 160/160, 180/180 und 203/180 und Fahrergewichten von leichten 65 kg bis hin zu 93 kg Lebendgewicht. Vor allem die leichten Fahrer konnten hier keinerlei Beschwerden äußern. Selbst lange Abfahrten in steilem Gelände macht die XTR Trail ohne zu Mucken mit. Viel spannender aber: Wie macht sich die Bremse unter einem fast 30 kg schwereren Fahrer bei gleichen Geschwindigkeiten? Mit 160/160 mm Scheiben kommt man bei hohem Gewicht schnell an die Grenzen der Standfestigkeit. Bei 180/180 bzw. 180/203 mm Scheiben Kombination treten keine Probleme mehr mit Bremskraftverlust auf. Steile Stücke, auf denen viel und lange gebremst werden muss sowie kurze und harte Bremsmanöver steckt die Bremse so locker weg.
Haltbarkeit der Shimano XTR Trail
Mit der Shimano XTR Trail sind im Hinblick auf Verschleiß keine Probleme aufgetreten. Je nach Fahrweise und Gewicht, halten die Bremsbeläge bei hoher Fahrleistung bis zu einem halben Jahr. Entlüften muss man die XTR Trail selten. Der Vorgang ist sehr simpel, mit wenigen Handgriffen lässt sich ein wirklich guter Druckpunkt erzielen.
Im Fahreindruck wurde bereits auf die etwas weichen Composite-Hebel hingewiesen. Während das beim Fahren eher Geschmackssache ist, ist die Haltbarkeit dieser für alle relevant. In Belastungsrichtung halten die Hebel viel aus, Querbelastungen mag er hingegen garnicht. Hier ist beim Shutteln oder beim Verladen des Bikes Vorsicht angebracht: Uns ist ein Hebel bei genau so einer Tätigkeit gebrochen.
Wie lange halten die Bremsbeläge bei euch? Angaben mit Gewicht, Fahrrad und Kilometerzahl sind in den Kommentaren gerne gesehen!
Fazit zur Shimano XTR Trail
Shimano hat mit der XTR Trail aktuell wohl eine der besten Zwei-Kolben-Bremsen auf dem Markt. Nicht nur leichte Fahrer bekommen mit Shimanos Top-Modell ein stimmiges Gesamtkonzept. Bremskraft und Standfestigkeit sind für eine Zwei-Kolben-Bremse auf einem sehr hohen Niveau: Selbst ohne die innenbelüfteten Bremsscheiben kann die Bremsanlage auf langen und steilen Abfahrten mit konstanter Bremskraft überzeugen. Auch bei der Dosierbarkeit lässt sich die XTR Trail nicht lumpen und überzeugt durch gute Modulation. Dank des kurzen Hebelwegs funktioniert sie selbst mit nahe am Lenker stehenden Bremshebel sehr gut und bietet einen knackigen Druckpunkt. Knackig ist aber leider auch der Preis.
Stärken
- Bremskraft
- Dosierbarkeit
- Standfestigkeit
- Gewicht
Schwächen
- Flex im Bremshebel ist nicht jedermanns Sache
- Preis
Testablauf
Wir haben Shimanos XTR Trail Bremse auf mehreren verschiedenen Fahrrädern getestet. Montiert auf Enduro- und Trail-Bikes musste sich die Bremse über ein Jahr in jedem Gelände beweisen. Steile und nasse Trails, Downhillstrecken, Trail-Touren – mit der XTR Trail haben wir alles unter die Räder genommen.
Hier haben wir die Shimano XTR Trail getestet
- Sopron: Schnell, steinig und große Sprünge mit Sniper-Landung
- Weiteres Testgelände: frische, lockere Singletrails, große Sprünge
Testerprofile
Jens Staudt
- Testername: Jens Staudt
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht (fahrfertig): 95 kg
- Schrittlänge: 91 cm
- Armlänge: 61 cm
- Oberkörperlänge: 56 cm
- Fahrstil: Schnellste Linie, auch wenn es mal ruppig ist
- Ich fahre hauptsächlich: Singletrails, sprunglastiger Local Spot, Freeride, DH
- Vorlieben beim Fahrwerk: Straff, gutes Feedback vom Untergrund, viel Druckstufe, progressive Kennlinie
- Vorlieben bei der Geometrie: Kettenstreben nicht zu kurz (ca. 430 mm oder gerne länger), Lenkwinkel tendenziell eher flacher
Jonathan Kopetzky
- Testername: Jonathan Kopetzky
- Körpergröße: 175 cm
- Gewicht (fahrfertig): 70 kg
- Schrittlänge: 79 cm
- Armlänge: 51 cm
- Oberkörperlänge: 49 cm
- Fahrstil: Aggressiv und verspielt
- Ich fahre hauptsächlich: DH sprunglastig, auch Dirt, eigentlich alles – Hauptsache Rad dabei
- Vorlieben beim Fahrwerk: Straff und schnell
- Vorlieben bei der Geometrie: Langes Oberrohr, Hinterbau je nach Einsatzgebiet
Christoph Spath
- Testername: Christoph Spath
- Körpergröße: 190 cm
- Gewicht: 65 kg
- Gewicht (fahrfertig): 70 kg
- Schrittlänge: 94 cm
- Armlänge: 60 cm
- Oberkörperlänge: 49 cm
- Fahrstil: Schnell bergauf und bergab, sauber, selten überm Limit
- Ich fahre hauptsächlich: Von Dirt Jump über Trail und Enduro bis Downhill, gerne schnell, in grobem Gelände und mit viel Luftstand
- Vorlieben beim Fahrwerk: Viel Low Speed-Compression am Dämpfer, Front etwas straffer als das Heck, hinten gerne progressiv
- Vorlieben bei der Geometrie: Vorne lang, hinten je nach Einsatzbereich kurz bis mittellang, flach
Um euch den bestmöglichen und breitesten Testeindruck zu bieten, fahren immer mehrere Tester ein Bike. Neben den aufgeführten Testern mit detaillierten Profil arbeiten wir immer mit weiteren Fahrern unterschiedlicher Könnerstufen, Gewichte, Körpergrößen sowie Vorlieben zusammen. Im direkten Dialog stellen wir das richtigen Setup sicher und dokumentieren in gemeinsamen Ausfahrten die Eindrücke. Dies stellt sicher, dass wir alle Eigenheiten eines Bikes in allen Bereichen beurteilen können.
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Weitere Informationen zur Shimano XTR Trail
Webseite: bike.shimano.com
Text & Redaktion: Christoph Spath | MTB-News.de 2017
Bilder: Jens Staudt