Als wir um 6 Uhr morgens an der Kaimauer stehen, um gleich beim Sonnenaufgang Trailfotos zu fotografieren, habe ich eigentlich nur zwei Wörter im Kopf. “Müde”. Und: “Kaffee”. Dass sich zehn Stunden später die Adjektive “mega”, “wunderschön” und sogar das durchgelutschte, aber diesmal wirklich passende “episch” dazugesellen, liegt an einem der besten Biketage bislang überhaupt. Und den hatten wir auf Tilos. Los geht’s!
„Wer das kristallene Meer pflügt
mit des Schiffes eilendem Kiel,
der vermählt sich mit der Macht,
dem gehört die Welt”Friedrich v. Schiller (1759-1805): Die Braut von Messina
Heute sind wir mal genauso bekloppt und so stehe ich schon um 6 Uhr vor dem Schiff, die Kamera im Anschlag. Das Aufstehen wird mir dank des riesigen Fährschiffes, welches dröhnend zehn Minuten zuvor dutzende Passagiere aufgeladen hart, eher leicht gemacht. Felix und Andrea sind ebenfalls zeitig wach und so tragen und kurbeln wir uns den Fels durch die Stadt hoch, um den Trail auszukundschaften, der uns am Abend wieder in die Stadt führen soll.
Die Sonne schwimmt nicht mehr ganz auf dem Meer, liefert aber genau das Licht, welches ich für die Fotos haben möchte. Wir fahren den tollen, letzten Teil des Trails und bekommen einige schicke Bilder, freuen uns aber auch jetzt auf einen ersten Kaffee an Deck; verschwitzt, aber wach.
Nach einer ordentlichen Stärkung und diversen weiteren, koffeinierten Heißgetränken finden wir uns am Pier ein und kurbeln wieder los. Heute steht ein ungeliebter Kaltstart an: Nach wenigen hundert Metern steigt die Straße knackig an und wir erarbeiten uns per Asphaltstraße rund 300 Höhenmeter. Der Frühsport lohnt sich: Gut aufgewärmt erreichen wir das Ruinendorf Mikro Chorio, was einerseits durch die verfallenen Häuser äußerst sphärisch wirkt, und andererseits einen rumpeligen, aber superspaßigen Felsendownhill durch die Häuser bis weit durch das Tal zur nächsten Straße bietet. Nur im oberen Trail fotografieren wir, dann regiert der Flow auch wieder bei mir und wir lassen es laufen. Hammer!
Im Anschluss zieht es sich eine gute Weile durch die Ebene. Wir machen Kilometer um Kilometer und treffen uns mit Local Andreas, der tiefenentspannt mit Freundin auf dem Rücksitz mit dem Moped neben uns hertuckert.
Einige Höhenmeter später wird es wieder steinig und technisch: Das Highlight des Tages besteht aus einem Trail, der sich verspielt, teilweise durchaus technisch-verblockt, aber fahrbar die Abhänge hinunterschlängelt und nach einem kurzen Anstieg in unseren Trail von Morgen mündet, die See immer vor Augen. Der Ausblick ist großartig, das Meer ist blau bis an die Kitschgrenze und nach vielen Kurven und weiterern Bildern erreichen wir wieder den Hafen. Was für eine Abfahrt, was für ein Tagesfinale. Den Frappé haben wir uns jetzt verdient.
Aber da war noch eine Sache: Was wäre eine Bootstour eigentlich ohne kälteresistente Leute, die ins Wasser springen? Heute ist es warm genug dafür (an der Luft, nicht im Wasser, aber das merken wir erst, als wir in jenem landen) und so lässt unser Kapitän kurz vor hinter Tilos den Anker runter, woraufhin ein inoffizieller Contest ins Leben gerufen wird. 1) Schmerzhaftester Harakiri-Sprung (Gewinner: Peter), 2) die höchste Fontäne (Gewinner: ich), 3) die schönste Armhaltung (Christian).
Die GoPro kommt doch noch zu ihrem Einsatz und so gibt es aus dem Wasser spektakuläre Bilder und Abflüge zu sehen. Versalzt und etwas kalt, aber tiefengereinigt entsteigen wir den klaren Tiefen der Ägäis und haben zum ersten Mal in dieser Woche dank einer langen Überfahrt zur Insel Symi eine längere Pause, welche die meisten inklusive mir zu einem Schläfchen nutzen – die anstrengenden Tage fordern ihren Tribut und schnell schlummern wir, dank der sanft schaukelnden Gulet.
Da Symi dabei, dat is prima
Wenn es einen magischen Moment der Woche gab, dann war es wohl die Einfahrt in die Bucht von Gialos auf der Insel Symi. Zunächst gilt es, zwischen zwei Inseln durchzumanövrieren, um kurz darauf bei tiefstehendem Abendlicht in den Hafen einzulaufen. In den Berg gebaute Häuser, jede Menge Farben, Palmen und tiefenentspanntes Hafenleben: Dieses Fischerstädtchen ist ein Highlight, das Hollywood als Kulisse nicht besser hätte bauen können. Staunend lockern wir beim Abend- und Ausreisespaziergang zur örtlichen Polizeistation unsere müden Beine und trinken noch einen griechischen Kaffee, bevor es zum Abendessen geht.
Da wir am nächsten Morgen schon um sieben Uhr wieder ablegen werden (angelaufen sind wir Symi primär aus dem Grund, weil wir einen Zollhafen für die offizielle Ausreise aus Griechenland brauchten) und es aber wohl einen Trail oberhalb des Ortes gibt, sind wir intensiv am überlegen, ob wir nun um fünf Uhr einen Sunriser-Uphill machen oder nicht. Heute abend allerdings kann man die fehlende Motivation, ob bei uns Fotografen oder den Fahrern, förmlich spüren: Zum Finale am morgigen Tag auf der türkischen Halbinsel Datça erwarten uns erneut 900 Höhenmeter bei 50 km Länge.
Wir entscheiden uns gegen den frühen Vogel, bestellen uns einen Ouzo (für meine guten Freunde, natürlich! Yammas!) und lassen uns von lauten Bouzouki-Klängen, die nur unweit unseres Schiffes an Land gezupft werden, in den Schlaf wiegen. Tja, in Hollywood wär halt schon längst Feierabend.
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Alle Teile des Insel-Logbuch gibt es hier:
- Insel-Logbuch Griechenland - Tag 1: Auf Kos geht's los
- Insel-Logbuch Griechenland - Tag 2: Leros, die Insel der Verrückten
- Insel-Logbuch Griechenland - Tag 3: Tour de Kos!
- Insel-Logbuch Griechenland - Tag 4: Nisyros, du bist so heiß wie ein Vulkan
- Insel-Logbuch Griechenland – Tag 5: Tausendundein Highlight auf Tilos
Mehr Informationen zur Tour gibt es auf Inselhüpfen.de.