Die World Cup-Saison geht in die finale Phase: Nach dem Rennblock in der Höhe von Lenzerheide und Vallnord geht’s nun über den großen Teich in die USA. Am Wochenende steigt in Snowshoe der siebte Lauf des diesjährigen XC-Weltcups, bevor es eine Woche später im kanadischen Mont-Sainte-Anne weitergeht. Wer auf dem Highspeed-Kurs in West Virginia die Nase vorne haben könnte, erfahrt ihr in unserem Vorbericht!
XC World Cup 2022 – Snowshoe: Termine und Informationen
Es wäre keineswegs verwunderlich, wenn das amerikanische Publikum das Skiresort Snowshoe Mountain am Wochenende in ein regelrechtes Tollhaus verwandeln würde. Schon 2019 und 2021 sorgten die frenetischen Fans hoch oben auf knapp 1.500 Metern über dem Meer für eine Stimmung der Extraklasse und fielen vergangenes Jahr regelrecht in Ekstase, als ihr Landsmann Christopher Blevins das World Cup-Finale zu Hause für sich entscheiden konnte. Ob es dieses Jahr wieder ein US-amerikanisches Happy End geben wird, bleibt abzuwarten. Der guten Stimmung dürfte dies jedoch keinen Abbruch tun.
Die Strecke im Skigebiet Snowshoe Mountain, das jährlich von circa 480.000 Wintersportlern besucht wird, liegt auf knapp 1.500 Metern Höhe und ist durch seine besondere Charakteristik berühmt-berüchtigt. Der Kurs weist verhältnismäßig wenige Höhenmeter auf und ist größtenteils relativ flach angelegt. Dadurch wird die Runde auch Jahr für Jahr zu einer regelrechten Highspeed-Strecke. Technisch anspruchsvolle Passagen gibt es trotzdem, sodass nicht nur die reine Physis und die passende Renntaktik eine bedeutende Rolle spielt, sondern auch die fahrtechnischen Fertigkeiten. Mit entscheidend ist beispielsweise der Faktor einer sauberen Linienwahl und die Vermeidung eines technischen Defekts. Durch die hohe Belastung und das Fahren in großen Gruppen ist dies in Snowshoe besonders schwierig. So verwundert es auch kaum, dass bei dem Rennen in den USA immer wieder aufs Neue einige Reifendefekte zu beobachten sind.
Aufgrund der Kurssetzung bleibt der Spannungsbogen auf jeden Fall immer gespannt! Die Strecke verzeiht kaum Fehler und sorgt stets für extrem knappe Zeitabstände zwischen den Fahrerinnen und Fahrern. Damit ist meistens bis in die letzte Runde hinein unklar, wer das Rennen machen könnte und zudem sind Überraschungssiege alles andere als unwahrscheinlich – siehe 2021! Wir dürfen also gespannt sein …
Zeitplan
Freitag, 29.07.2022
- 17:30 Uhr (23:30 Uhr MESZ): Short Track, Frauen
- 18:15 Uhr (00:15 Uhr MESZ): Short Track, Herren
Sonntag, 31.07.2022
- 08:30 Uhr (14:30 Uhr MESZ): Cross Country, U23-Frauen
- 10:15 Uhr (16:15 Uhr MESZ): Cross Country, U23-Herren
- 12:20 Uhr (18:20 Uhr MESZ): Cross Country, Frauen
- 14:50 Uhr (20:50 Uhr MESZ): Cross Country, Herren
Die Favoritinnen und Favoriten für das Podium
Short Track
Die Short Track-Disziplin ist und bleibt 2022 eine Wundertüte – und daran wird sich aufgrund des schnellen Kurses in Snowshoe wohl auch nichts ändern. Zig Fahrerinnen und Fahrer werden wieder einmal die Chance auf den Sieg am Freitagabend haben und somit für spannende Rennverläufe sorgen.
Wagen wir trotzdem einen kleinen Blick in die Kristallkugel und rücken die vermeintlichen Top-Favoriten etwas ins Rampenlicht: Bei den Damen zählt nach ihrem Erfolg in Vallnord Alessandra Keller zu den Sieganwärterinnen – ebenso wie Jenny Rissveds, die in Lenzerheide triumphierte und in Andorra lediglich durch ein Missgeschick am Start um eine bessere Platzierung gebracht wurde. Auf der schnellen Strecke könnte sich am Ende aber auch Linda Indergand ganz vorne wiederfinden, genauso wie Anne Terpstra oder Rebecca McConnell. Loana Lecomte wird wie bereits vor zwei Wochen auf einen Start verzichten, um sich weiter auf die Saisonhöhepunkte Ende August bzw. Anfang September vorzubereiten.
Und auch bei den Herren ist die Favoritenrolle nicht klar vergeben. Gemessen an den Rennen der vergangenen Wochen haben Luca Braidot, Alan Hatherly und Vlad Dascalu zwar die größten Siegchancen. Ob das Quartett am Ende aber auch wirklich den Triumph unter sich ausmacht, bleibt abzuwarten. Denn auf dem schnellen Kurs können Fahrer mit einer kraftvollen Fahrweise durchaus für eine Überraschung sorgen. Wer hierfür infrage kommt? Luca Schwarzbauer, der in dieser Saison in Nove Mesto triumphierte (auf einer Strecke mit einer ähnlichen Charakteristik), oder auch Filippo Colombo, Nino Schurter oder XCC-Weltmeister Christopher Blevins.
Damen
Zwar sind die Kräfteverhältnisse im XC-Rennen der Damen etwas klarer verteilt. Eine absolute Top-Favoritin lässt sich vor der siebten Station des World Cups in Snowshoe jedoch auch nicht ausmachen. Rebecca McConnell scheint nach ihrem kleinen Tief in Leogang und Lenzerheide wieder zurück in der Spur, auch wenn das Ergebnis in Andorra aufgrund zweier Defekte nicht das Leistungsniveau der Australierin widerspiegelt. Weiterhin im Formhoch dürfte sich Anne Terpstra befinden, die mit ordentlich Selbstvertrauen in die USA reisen wird – ebenso wie Alessandra Keller, da beide in Vallnord triumphierten (im XC bzw. im Short Track). Jenny Rissveds sollte man 2022 grundsätzlich immer auf dem Zettel haben, Martina Berta könnte für eine Überraschung gut sein.
Gewisse Fragezeichen stehen dagegen hinter etlichen anderen Damen: Andorra-Überfliegerin Mona Mitterwallner dürfte der flache Kurs in Snowshoe nicht wirklich entgegenkommen. Laura Stigger steht aktuell zwar auf der Startliste, musste nach dem World Cup in Vallnord aber krankheitsbedingt eine Woche Pause einlegen. Die potenziellen Leistungen von Pauline Ferrand-Prévot und Jolanda Neff sind momentan schwer einzuschätzen. Deutsche Fahrerinnen werden in Snowshoe nicht am Start stehen.
Herren
Klappt es nun endlich mit World Cup-Sieg Nummer 34 für Nino Schurter? Gute Frage, nächste Frage! Natürlich zählt der Schweizer auch in den USA zu den Top-Favoriten. Doch der schnelle Kurs in Snowshoe hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die eine oder andere Überraschung drin ist. Erst im letzten Jahr musste sich der Weltmeister auf den letzten Metern gegen Christopher Blevins geschlagen geben. 2019 zog er den Kürzeren gegenüber seinem Teamkollegen Lars Forster. Ob dem Scott-SRAM-Fahrer auf dem super schnellen Kurs aufgrund des Alters etwas die Spritzigkeit gegenüber der jungen Konkurrenz fehlt, wird spannend zu beobachten sein. In puncto taktischer Raffinesse wird dem Schweizer auf jeden Fall niemand so schnell das Wasser reichen – und die spielt in Snowshoe eben auch eine große Rolle.
Taktik hin oder her, die Konkurrenz wird Schurter definitiv im Nacken hängen. Wer das sein könnte? Luca Braidot, der seine Siegesserie gerne weiter ausbauen würde, Vlad Dascalu, der seinen ersten World Cup-Sieg nun wirklich verdient hätte, oder auch die jungen Top-Fahrer Alan Hatherly und Filippo Colombo.
Fest steht, dass Mathias Flückiger auf den Übersee-Trip verzichtet und sich auf die großen Rennen am Ende des Jahres vorbereitet. Damit fällt ein Siegkandidat definitiv weg. Ähnliches gilt auch für Tom Pidcock, der nach einer erfolgreichen ersten Tour de France-Teilnahme erst später in der Saison wieder aufs Mountainbike wechselt.
Aus deutscher Sicht sind die Augen sicherlich auf Luca Schwarzbauer gerichtet. Der Canyon-Fahrer hat in den letzten Wochen seine gute Form unter Beweis gestellt und kann auf der schnellen Strecke in Snowshoe sicher seine antrittsstarken Fähigkeiten zeigen. 2021 wurde der Nürtinger bereits Sechster. Ein Sprung unter die Top fünf ist zwar nicht selbstverständlich, an einem guten Tag aber wohl im Bereich des Möglichen. Weitere deutsche Starter sind David List, Niklas Schehl, Julian Schelb und Max Brandl, denen allesamt ein Sprung unter die ersten 30 zuzutrauen ist. Insbesondere bei Brandl könnte es sein, dass das Ergebnis am Ende des Tages aber nur bedingt aussagekräftig sein wird. In Lenzerheide brach sich der Lexware-Pilot das Schlüsselbein und befindet sich dementsprechend erst seit geraumer Zeit wieder im spezifischen Training.
U23
Eine Prognose für das U23-Rennen der Damen ist aktuell wohl nur schwer durchzuführen. Sämtliche Top-Fahrerinnen dieser Saison verzichten auf einen Start in Snowshoe und bereiten sich auf die EM, respektive WM, vor. Mit Line Burquier, Puck Pieterse, Sofie Pedersen, Giada Specia, Noëlle Buri, Olivia Onesti und Zoe Cuthbert fehlen sage und schreibe sieben Fahrerinnen aus den Top 10 der aktuellen World Cup-Gesamtwertung. Gemessen daran rutscht die aktuell fünftplatzierte Sara Cortinovis in die Favoritenrolle, die ihr Isaure Medde und Emilly Johnston streitig machen könnten.
Bei den U23-Herren will Martin Vidaurre Kossmann zurück auf die Siegerstraße, nachdem er sich in Vallnord kränkelnd mit Rang acht zufriedengeben musste. Der Kanadier Carter Woods, der eine verhältnismäßig kurze Anreise nach Snowshoe hat, will seinen Sieg aus Andorra jedoch gerne wiederholen und dem Chilenen das Leben so schwer wie möglich machen. Weitere Top-Fahrer wie beispielsweise Simone Avondetto, Janis Baumann, Dario Lillo und Riley Amos stehen nicht am Start.
Aus deutscher Sicht werden bei den Damen Kira Böhm und Luisa Daubermann die Fahne hochhalten, denen aufgrund des Fehlens einiger Spitzenfahrerinnen ein Platz unter den besten 10 zuzutrauen ist. Bei den U23-Herren stehen Finn Kahl, Leon Kaiser, Nicolas Kaiser und Jacob Stricker auf der Entry List.
Was denkt ihr: Wer steht in Snowshoe ganz oben auf dem Podium?
Alle Artikel zum XC World Cup in Snowshoe 2022: