Scott Gambler im Test: Das neue Gambler ist für Scott, was Jared Fogle einst für Subway war: Eine traumhafte Geschichte von unglaublichem Gewichtsverlust durch hauseigenen Produkte und Technologien. Aus der ursprünglichen, extrem bulligen Bikepark-Maschine wurde zunächst 2013 ein immer noch bulliges Racebike. 2019 steigt nun das neue Gambler Tuned wie ein filigraner Carbon-Phöenix aus der Asche seiner Vorfahren. Wir konnten das vielfältig einstellbare und vor allem leichte Scott Gambler Tuned in der 29″-Konfiguration bereits testen.
Steckbrief: Scott Gambler
Einsatzbereich | Downhill |
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Federweg | 200 mm/200 mm |
Laufradgröße | 27.5ʺ, 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 15,0 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL |
Website | www.scott-sports.com |
Nur zwei Tage nach der Vorstellung des lang erwarteten neuen Specialized Demo 29 zeigt Scott erstmal sein neues 29″ Downhill-Racebike. Auch wenn die neuste Inkarnation des Scott Gamblers optisch quasi keine Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger aufweist, sind die Schweizer einem Prinzip treu geblieben: Das Bike ist extrem einstellbar! Es wird aktuell zwar lediglich mit 29″-Laufrädern angeboten wird, dafür ist es aber kein Problem, das Gambler mit 27,5″-Laufrad hinten oder sogar vorne und hinten zu fahren. Außerdem sind die Kettenstrebenlänge, Tretlagerhöhe, Progression sowie der Lenkwinkel über verschiedene Bohrungen, Flipchips und Steuersatzschalen komplett justierbar.
Einen besonderen Fokus hat Scott zudem auf das Gewicht gelegt. Der Carbon-Rahmen soll federleichte 2.650 g auf die Waage bringen, unser Testbike wog trotz Stahlfeder-Dämpfer und Alu-Laufradsatz lediglich 15,0 kg. Möglich macht das unter anderem das neue Rahmendesign, eine hauseigene Kettenführung sowie die futuristische Syncros-Lenker-Vorbau-Kombination. Wir haben dem zum Verkaufsstart im Dezember 2019 vermutlich 7.999 Euro teuren Scott Gambler Tuned auf der harten und schnellen DH-Strecke in Bozi Dar die Sporen gegeben.
Geometrie
Die Geometrie des Scott Gambler fällt für ein modernes 29″ Downhill-Race-Bike ziemlich durchschnittlich – also lang und flach – aus. Allerdings ist der Rahmen aktuell vermutlich einer der anpassbarsten auf dem Markt. Die Kettenstrebenlänge lässt sich über verschiedenen Bohrungen zwischen 435 mm und 450 mm justieren. Dabei ist man allerdings nicht auf ein 27,5″-Hinterrad beschränkt – auch mit 29″ ist die kurze Position möglich. Außerdem kommt im unteren Dämpferauge ein Flip-Chip zum Einsatz, der das Tretlager zwischen 8,5 mm und 24,2 mm absenkt. Zu guter Letzt liefert Scott verschiedene Steuersatz-Einsätze mit, die den Lenkwinkel von 63° um ± 1° verstellen.
Selbstverständlich haben die einzelnen Einstellungen auch leichte Einflüsse auf andere Werte, wie den Reach oder die Lenkerhöhe, was die Geometrie-Tabelle ziemlich umfangreich macht. Berücksichtigt man den Federgabel-Auszug, dann sollen die Reach-Werte unabhängig von der Einstellung um lediglich 5 mm wandern. Außerdem verfügen die beiden kleineren Rahmengrößen über einen steileren Sitzwinkel. Dadurch kann der Sattel trotz 29″-Hinterrad etwas tiefer gefahren werden. Zusammengefasst bietet Scott das Gambler in vier Rahmengrößen mit Reach-Werten zwischen 400 und 495 mm an. Unser Testbike in Größe L bot angenehme 460,4 mm Reach und einen 636,5 mm hohen Stack im tiefen Tretlager-Setting.
Größe (29"/27,5") | S/900 | S/700 | M/900 | M/700 | L/900 | L/700 | XL/900 | XL/700 |
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Low BB Setting | High BB Setting | Low BB Setting | High BB Setting | Low BB Setting | High BB Setting | Low BB Setting | High BB Setting | |
Lenkwinkel | 62,9 ° | 63,2° | 62,9 ° | 63,2° | 62,9 ° | 63,2° | 62,9 ° | 63,2° |
Steuerrohr | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm | 110,0 mm |
Oberrohr (horizontal) | 537,4 mm | 535,7 mm | 567,5 mm | 565,7 mm | 621,0 mm | 618,9 mm | 651,1 mm | 648,9 mm |
Überstandshöhe | 719,3 mm | 712,3 mm | 711,6 mm | 705,0 mm | 712,1 mm | 705,8 mm | 709,6 mm | 703,6 mm |
Tretlagerabsenkung | -24,2 mm | -8,5 mm | -24,2 mm | -8,5 mm | -24,2 mm | -8,5 mm | -24,2 mm | -8,5 mm |
Tretlagerhöhe | 346,4 mm | 342,6 mm | 346,0 mm | 342,6 mm | 345,4 mm | 342,6 mm | 346,2 mm | 342,6 mm |
Radstand | 1.207,6 mm | 1.212,8 mm | 1.237,6 mm | 1.242,8 mm | 1.270,0 mm | 1.272,8 mm | 1.297,6 mm | 1.302,8 mm |
Sitzrohr | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm | 405,0 mm |
Sitzwinkel | 66,8° | 67,2° | 66,8° | 67,2° | 63,8° | 64,2° | 63,8° | 64,2° |
Kettenstrebe | 438,7 mm | 435,0 mm | 438,7 mm | 435,0 mm | 438,7 mm | 435,0 mm | 438,7 mm | 435,0 mm |
Reach | 400,2 mm | 405,0 mm | 430,3 mm | 435,0 mm | 460,4 mm | 465,0 mm | 490,5 mm | 495,0 mm |
Stack | 636,2 mm | 631,3 mm | 636,2 mm | 631,3 mm | 633,5 mm | 631,3 mm | 636,2 mm | 631,3 mm |
Ausstattung
Das neue Scott Gambler wird zunächst in einer Variante mit High-End-Ausstattung angeboten. Das Gambler Tuned bietet alles, was das Racer-Herz begehrt, kostet aller Wahrscheinlichkeit nach allerdings auch 7.999 Euro – der Preis kann sich bis zum Verkaufsstart im Dezember 2019 jedoch noch leicht ändern. So kommt ein hochwertiges Fox Factory-Fahrwerk bestehend aus 49-Federgabel und DHX2-Stahlfederdämpfer zum Einsatz. SRAM stellt hingegen den zuverlässigen und leichten X01 DH 7-fach Antrieb, ohne den kaum ein Downhill-Bike noch auszukommen scheint.
Auch die bissigen Code RSC-Bremsen mit 200 mm Scheiben stammen von SRAM. Erwartungsgemäß setzt Scott auf einige Anbauteile des hauseigenen Komponenten-Herstellers Syncros. Im Gegensatz zu anderen Hausmarken fallen diese jedoch sehr hochwertig aus. Ein besonderes Schmankerl ist die einteilige, zirka 350 Euro teure Syncros Hixon iC DH-Lenker-Vorbau-Kombi, die nicht nur sehr leicht ist, sondern auch optisch deutlich aus der Masse heraus sticht.
- Federgabel Fox 49 Factory (200 mm)
- Dämpfer Fox DHX2 Factory (200 mm)
- Antrieb SRAM X01 DH
- Bremsen SRAM Code RSC
- Laufräder Syncros Revelstoke DH 1.5
- Reifen Maxxis Assegai
- Cockpit Syncros Hixon iC DH Carbon (50 mm, 800 mm)
Gambler 900 Tuned | |
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Federgabel | Fox 40 Factory 29”, 203 mm travel / Kashima / Air / GRIP2 / Hi-Lo Comp / Rebound, 20 mm Boost thru axle |
Dämpfer | Fox DHX2 Factory, HSC, LSC, HSR, LSR, custom tuned, 225 x 75 mm, Spring rates: S – 400 / M – 450 / L&XL – 500 |
Steuersatz | Syncros DH adjustable, Semi integrated / adj ±1° with cup, ID 49,6 mm / OD 56 mm |
Schaltwerk | SRAM X01 DH, Short Cage, 7-fach |
Schalthebel | SRAM X01 DH |
Bremse | SRAM Code RSC, 200 mm |
Kurbeln | SRAM X01 DH DUB Carbon, 34 T, 165 mm |
Kettenführung | Scott DH Custom |
Tretlager | SRAM DUB PF MTB107, Shell 107 x 41 mm |
Lenker | Syncros Hixon iC DH Carbon, 15 mm Rise / 8° / 800 mm, Syncros Pro DH dual lock-on grips |
Sattelstütze | Syncros DH1.5 / 31,6 mm / Alloy7050 |
Sattel | Syncros Comox 1.5, Titanium Rails |
Kette | KMC X11-1 |
Kassette | SRAM CS PG-720 DH, 11–25 T |
Reifen | Maxxis Assegai 29 x 2,5" / 2 x 60 TPI Kevlar Bead / DH / TR / 3C Maxx Grip |
Laufräder | Syncros Revelsoke DH 1.5 / 110 x 20 mm Boost front / 157 x 12 mm rear / 29" / 32 H / Tubeless Ready Rims |
Extras | Syncros DH Fender |
Gewicht | 15,0 kg (gewogen) |
Preis (provisorisch) | 7.999 € |
Im Detail
Auf den ersten Blick sieht das neue Scott Gambler aus, wie ein aktuelles Scott eben aussieht. Optisch gibt es quasi keine Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger mehr, dafür folgt die Formsprache ganz klar jener von Ransom, Genius und Co. Der Eingelenker-Hinterbau ist einem Viergelenker mit senkrecht im Rahmen montiertem Dämpfer gewichen – dieses System lässt sich laut Scott einfacher anpassen. So besitzt das neue Bike mehr Anti-Rise und soll seine Geometrie in steilen Sektionen besser bewahren, ohne zu sehr auf Kosten des Grips oder Komforts zu gehen. Das schlanke Oberrohr und das etwas voluminösere Unterrohr sind kurz vor dem Sattelrohr weit nach unten gezogen und der Übergang zum Hinterbau gelingt fließend.
Ein Hauptaugenmerk bei der Entwicklung des Bikes war für Scott der Leichtbau – ein Gebiet, in dem die Schweizer bereits seit langem als sehr kompetent gelten. Außerdem ist, anders als im XC-Bereich, in dem es vor allem um effizienten Vortrieb geht, ein extrem steifer Downhill-Rahmen nur bedingt erstrebenswert. Um die perfekte Balance zwischen Gewicht und Steifigkeit zu finden, hat Scott bereits bei der Entwicklung des Genius eigene Testanlagen entwickelt. Auch das Gambler wurde in insgesamt vier sehr unterschiedlich steifen Evolutions-Stufen darauf getestet: Altes Rad, altes Rad mit Carbon-Hinterbau, der massive Horst-Link-Prototyp aus 2018 sowie das aktuelle Carbon-Rad. Die Testergebnisse hat man anschließend mit dem Feedback der hauseigenen World Cup-Profis verglichen und validiert.
Herausgekommen ist ein mit 2.650 g (Angabe von Scott) sehr leichter Vollcarbon-Rahmen. Um die gesteckten Ziele zu erreichen wurden aber auch keine Kompromisse eingegangen. So verzichtet man auf den ISCG-Standard und verbaut stattdessen eine eigene nur 113 g schwere Kettenführung. Grund dafür ist allerdings vor allem, dass der ISCG-Standard den Entwickler zufolge veraltet ist und zu viel Platz wegnimmt. Ohne ISCG können die Kettenstreben breiter und steifer werden und dennoch ausreichen Reifenfreiheit bieten. Dadurch kann man selbst im kurzen Kettenstreben-Setting ein 29″-Hinterrad mit voluminösen 2,5″ breiten Reifen problemlos fahren.
Apropos Kettenstreben-Setting: In Sachen Einstellbarkeit hat man sich bei Scott noch einiges mehr überlegt. Denn auch wenn das Scott Gambler zum Verkaufsstart lediglich mit 29″-Laufrädern angeboten wird, ist es trotzdem möglich, das Rad mit 27,5″ vorne und hinten oder nur hinten aufzubauen. Möglich macht das unter anderem ein vielseitiger Flip-Chip im unteren Dämpferauge. Dreht man diesen um 180°, dann hebt oder senkt sich das Tretlager. Außerdem bietet er zwei verschiedene Bohrungen, die den Winkel des Dämpfers und somit die Progression zwischen zirka 30 % und 35 % verändern. Dazu kommen noch die bereits erwähnten Steuersatzschalen zur Anpassung des Lenkwinkels.
Innenverlegte und geführte Kabel sowie Protektoren an den Kettenstreben und am Unterrohr sind mittlerweile eigentlich Standard und kaum noch erwähnenswert. Allerdings hat sich Scott hier wirklich viel Mühe gegeben, das Rad so leise wie möglich zu gestalten. Die Kabel wandern am linken der beiden integrierten Gabelanschläge hinter dem Steuerrohr in den Rahmen und treten gut geschützt kurz vor dem Dämpfer oben aus dem Unterrohr. Vor dem Lagerpunkt von einem Kabelbinder zusätzlich fixiert geht es durch Gummi-Ösen wieder in die Kettenstreben – hier kann wirklich gar nichts klappern.
Der Kettenstrebenschutz selbst fällt sehr großzügig aus und weist die von einigen Herstellern eingesetzten, geräuschdämmenden Lammellen auf. Außerdem sind auch die Unterseiten der Kettenstrebe sowie der rechten Sattelstrebe geschützt – vorbildlich. Ein kleines optisches Schmankerl ist der in den Rahmen eingelassene Schoner am Unterrohr. Dadurch lässt er sich von der Seite quasi nicht erkennen und trägt in keiner Weise auf. Außerdem bietet die Hausmarke Syncros nun auch ein anschraubbares Schutzblech für die Fox 40-Federgabel an, das an jedem Scott Gambler vormontiert ist.
Auf dem Trail
Wir haben unser Scott Gambler Tuned-Testbike in Größe L mit auf die gnadenlose und ausgebombte iXS Cup-Rennstrecke im tschechischen Bozi Dar genommen. Die mitgelieferte 500 lbs-Feder am Fox-Dämpfer haben wir direkt zu Beginn gegen eine 450er-Feder getauscht. Damit kam unser 73 kg schwerer Testfahrer zirka auf seinen Sag-Punkt. Ansonsten haben wir es beim kurzen Hinterbau-Setting, tiefen Tretlager und der neutralen Steuersatzschale belassen. Die Strecke in Bozi Dar beginnt relativ flach und schnell, was auf einem neuen Bike immer sehr angenehm ist.
In Sachen Geometrie hat Scott einiges richtig gemacht, denn man bekommt schnell das Gefühl, tief im Rad zu stehen, obwohl der futuristische Syncros-Lenker trotz Vorbau-Spacern nicht allzu hoch baut. Auf typischen Bikepark-Strecken mit Anliegern und Sprüngen macht sich das sensationelle Gewicht und der eher aktive Hinterbau des Gamblers bemerkbar: Es geht derartig leichtfüßig in die Luft und lässt sich so spielerisch quer legen, dass man glatt vergessen könnte, dass man auf einem langen und flachen 29″-Downhill-Racebike sitzt.
Primär soll das Scott Gambler Tuned jedoch in ruppigem und anspruchsvollem Gelände glänzen. Der Viergelenker-Hinterbau spricht in Kombination mit dem Fox DHX2-Stahldämpfer extrem sensibel an und filtert feine Schläge gut raus. Große Schläge werden auch gekonnt geschluckt, allerdings geht das Bike hier etwas sparsamer mit seinem Federweg um als einige Konkurrenz-Bikes. Im linearen Setting bekommt man dadurch durchaus etwas Feedback vom Untergrund. Krasse Lastspitzen, die den Körper schnell ermüden, sind allerdings nicht dabei.
Das lineare Setting ist mit 30 % alles andere als linear und so verwundert es nicht, dass wir in starken Kompressionen zwar spürbar das Ende des Federwegs erreichten, ein harter Durchschlag jedoch ausblieb. Mit dem Dämpferauge in der progressiven Aufnahme verhärtete der Hinterbau in der gefahrenen Konfiguration deutlich stärker. Auf unserer zweiten Teststrecke, einem klassischen mitteldeutschen Fichtenslalom, machte dies das Gambler Tuned etwas agiler und spritziger – in wirklich hartem Terrain hätten wir jedoch gerne eine weichere 400–425 lbs-Feder probiert, die aber leider nicht zur Verfügung stand.
Bei aufeinanderfolgenden harten Schlägen, beispielsweise bei Bremswellen, muss man auch aufgrund des eher steifen Rahmens den Lenker zwar etwas fester greifen, dafür rauscht das Scott Gambler nahezu ungebremst darüber hinweg und bleibt nicht in den Löchern hängen. So ist das Gambler zwar nicht das komfortabelste Downhill-Bike, das wir in den letzten Wochen gefahren sind, aber es ist ohne Frage ein effizientes Racebike.
Zum Glück hat Scott es mit der Steifigkeit wie versprochen nicht übertrieben. Bekommt man mal einen schrägen Hit ab oder vermasselt die Linie, wirft einen das Rad nicht sofort ab, wie wir es bei übermäßig steifen Bikes bereits erlebt haben. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Der futuristische und optisch polarisierende Syncros Hixon-Lenker blieb bei uns nicht lange am Rad – er war einfach zu steif, um als 73 kg Fahrer eine total zerbombte vier Minuten lange Strecke in Angriff nehmen zu können. Mit einem etwas höheren Aluminium-Lenker fühlte sich das ganz Rad ausbalancierter und komfortabler an.
Im Vergleich
Das Scott Gambler zirka 100 Gramm leichter als das YT Tues 29 und somit das leichteste Downhill-Bike, das wir in diesem Jahr fahren konnten. Trotz des geringen Gewichtsunterschieds fühlt sich das Gambler spritziger an und lässt sich leichter in die Luft bewegen, was wir vor allem auf den höher im Federweg stehenden und aktiveren Hinterbau schieben. Beide Räder haben eher steife Rahmen, am Gambler machen sich jedoch die weicheren Alu-Laufräder positiv bemerkbar, denn bei schrägen Schlägen wird das Rad weniger abgelenkt und bleibt kontrollierbarer. Das Tues sitzt generell deutlich tiefer im Heck und frisst große Schläge einfach auf, das Gambler vermittelt mehr Feedback, lässt sich dafür jedoch auch präziser auf der Strecke platzieren.
Auf extrem schnellen und ausgefahrenen Strecken kommt das Scott Gambler Tuned nicht an die Laufruhe und Effizienz des Santa Cruz V10 ran. Geht es richtig zur Sache stellt sich am Santa Cruz schnell das Gefühl des „unendlichen Federwegs“ ein. Dafür braucht es einiges an Kraft und Mühe, um das V10 um verblockte Kurven zu drücken, bei sehr langsamen Geschwindigkeiten gibt es seinen Federweg zudem nur sehr ungern frei. Auf den meisten europäischen Rennstrecken ist es wohl eher eine Frage des persönlichen Vorliebe, ob man besser zum Gambler oder zum V10 greift.
Unser Dauertestbike vom letzten Jahr, das Cube Two15 29, klebt mit einem Luftdämpfer deutlich weniger am Boden. Mit Stahldämpfer kommt es an die Sensibilität des Gamblers ran – Durchschläge sind dann dank des lineareren Hinterbaus allerdings vorprogrammiert. Den meisten Testfahrern gefiel der etwas weichere und flexiblere Alu-Rahmen gut, der auch den ein oder anderen Fahrfehler verzeiht. Kann man mit dem Mehrgewicht und dem gelegentlichen Durchschlag (mit Stahldämpfer) leben, bekommt man bei Cube ein durchaus spaßiges Race-Bike für weniger Geld.
Das ist uns aufgefallen
- Gewicht Mit 15,0 kg ist das Scott Gambler wirklich unglaublich leicht – zu leicht? Das kommt wohl auf die persönlichen Präferenzen an. Es gibt zwar sicherlich laufruhigere Bikes, dafür lässt sich das Gambler auch dank der geringen Masse sehr leicht platzieren und folgt jedem Impuls mühelos. Insgesamt hat Scott hier einen guten Kompromiss aus Agilität und Laufruhe gefunden. Und Gewichte dranschrauben kann man ja immer noch …
- Geräuschlosigkeit Neue Bikes sind fast immer leise und das ist auch beim Scott Gambler nicht anders. Bis auf den (ebenfalls sehr leisen) Freilauf und leichte Reifengeräusche ist es allerdings absolut geräuschlos, was wir so noch nicht erlebt haben. Leider war unser Testzeitraum zu kurz, um auszuprobieren, wie schnell Verschleiß hieran etwas ändern kann.
- Syncros Hixon iC DH-Lenker Die Carbon-Lenker-Vorbau-Kombination von Syncros weiß optisch auf jeden Fall zu polarisieren. Wir finden die Idee durchaus interessant, die Form passt auch gut, allerdings war uns der Lenker deutlich zu steif. In Verbindung mit der ebenfalls eher steifen und straffen Fox 40-Federgabel, dem voluminösen Carbon-Rahmen und einem 73 kg leichten Testfahrer war die Ermüdung in den Händen beachtlich. Schwere, frontlastigere Fahrer mit mehr Handkraft dürften hier allerdings weniger Probleme haben.
- Anpassbarkeit Das neue Scott Gambler ist das wohl anpassbarste Downhill-Bike der aktuellen Generation. Leider konnten wir nicht jedes Setting ausprobieren – für die meisten Fahrer dürften es ohnehin zu viele sein. Andererseits ist das Rad trotzdem leicht, schick und schlicht, sodass wir auch keinen echten Nachteil erkennen können.
- Haltbarkeit Unsere Zeit mit dem Scott Gambler war leider etwas zu kurz, um das Rad ernsthaft auf Verschleiß und Haltbarkeit zu testen. Beim Dämpferausbau platzte trotz Vorsicht ein Stück Lack ab, am Hinterbau hingegen hielten sich die Schäden trotz trockenen Strecken und entsprechend vielen Steinschlägen in Grenzen. Eine ruppige Landung resultierte in einer Delle in der Hinterrad-Felge, ohne die Tubeless-Fähigkeit einzuschränken.
Fazit – Scott Gambler
Müssten wir das neue Scott Gambler Tuned mit einem Schneidwerkzeug vergleichen, würden wir uns für das Skalpell entscheiden: Beides sind sehr effiziente und hochwertige Präzisions-Werkzeuge. Dank seines geringen Gewichts, des aktiven Hinterbaus und der ausgewogenen Steifigkeit macht das Gambler auf der Rennstrecke eine exzellente Figur. Durch die 29″-Laufräder und aggressive Geometrie marschiert es problemlos über grobes Terrain, will letztendlich jedoch nicht einfach stumpf drauf losballern – das können andere Bikes teils noch besser. Dafür nimmt es extrem viel Geschwindigkeit durch ruppige Passagen mit, macht richtig viel Spaß und lässt sich sehr präzise steuern!
- sehr leise
- extrem leicht
- sensibler und progressiver Hinterbau
- sinnvolle Ausstattung
- sehr stark anpassbar
- sehr steifes Cockpit
Update: Wir haben im Artikel die Angaben zur Kettenstrebenlänge auf die Herstellerangabe geändert. Gemessen ergaben sich Werte zwischen 445 mm und 460 mm.
Testablauf
Scott hat uns einige Wochen vor der offiziellen Vorstellung des Scott Gamblers ein Testbike zur Verfügung gestellt. Wir konnten dieses sowohl im Bikepark als auch auf unseren Hometrails einem ersten Test unterziehen. Nach dem Testzeitraum ging das Bike zurück an den Hersteller.
Hier haben wir das Scott Gambler getestet
- Bozi Dar: Eine sehr schnelle und ruppige Strecke, die nach dem kürzlichen iXS GDC-Rennen besonders in Mitleidenschaft gezogen war. Hier ist vor allem viel Laufruhe, Grip und Komfort gefragt.
- Ilmenau: Kurze, eher flache aber schnelle Trails, auf denen sich in kurzer Zeit viele Läufe in verschiedenen Settings realisieren lassen. Die aktuelle Trockenheit macht den Untergrund sehr rutschig und die Bäume stehen nahe – kleine Fehler können schmerzhaft enden.
Körpergröße | 183 cm |
Schrittlänge | 85,5 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 68 kg |
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, hinten progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- hinten nicht zu kurz, vorne geräumig, Lenkwinkel nicht zu flach
Wie findet ihr das neue Scott Gambler Tuned?
Der Beitrag Scott Gambler 2020 im Test: Light Weight, Baby! erschien zuerst auf MTB-News.de.