Die Deutschen Meisterschaften sind in jedem Jahr ein ganz besonderes Rennen. Dabei sind sie viel familiärer als die World Cups und ich finde es immer schön, auch viele junge Fahrer bei diesem Rennen zu sehen. Die Sportplätze für die Wohnmobile stehen an diesem Wochenende rappelvoll. Aus ganz Deutschland reisen Eltern mit ihren rennbegeisterten Kids zu den Meisterschaften, in diesem Jahr nach Sankt Ingbert im Saarland.
Die Strecke in St. Ingbert ist ein Traum. Der Rundkurs über 4,2 km und 160 hm bringt so ziemlich alles mit sich, was ein Cross Counrty-Kurs mit sich bringen sollte. Technische Abfahrten mit Sprüngen, Steinfeldern und engen Kurven lassen mein Herz höher schlagen. Auch die Anstiege sind fair und abwechslungsreich. Ich finde es beachtlich, was hier auf die Beine gestellt wurde. Ich sehe die unzähligen Stunden Arbeit auf dieser einzigartigen Strecke.
Mein Herzschlag am Start gleicht eher dem eines Kolibris als dem eines menschlichen Wesens. Ganz normal bei Cross Country-Rennen. Bei der Durchsage „15 Sekunden bis zum Start“ erreicht mein Puls dann seinen absoluten Höhepunkt, denn jetzt steigt mir der Herzschlag sogar schon in den Kopf. Der Startschuss gleicht dann schon fast einer Erlösung. Ich sprinte los und überraschender Weise geht das extrem gut an diesem Tag. Meine Beine sind so gut, dass ich sogar die Führung übernehmen kann. Dass das keine sonderlich clevere Idee war, merke ich dann nach 300 Metern. Meine Beine werden schwerer und ich kann das Tempo natürlich nicht halten. Lisa Brandau, Adelheid Morath, Nadine Rieder, Sabine Spitz und schließlich auch Hanna Klein ziehen an mir vorbei. Ich habe keine Chance mitzufahren, da sich die Beine jetzt schon wie Betonklötze anfühlen. Endlich in der Abfahrt angekommen, muss ich erst einmal wieder klar kommen. Die ersten beiden regulären Runden werden dann bergauf zur absoluten Qual. Die ersten U23 Damen überholen mich und ich muss mich ordentlich zusammenreissen, dass ich bergab nicht durch mangelnde Konzentration stürze. Ich genieße die Abfahrten mit den technischen Passagen. Bei den Sprüngen kann ich mein Santa Cruz Blur ordentlich fliegen lassen. Es fühlt sich enorm gut an, sicher über alle Sprünge zu kommen – und das mit Leichtigkeit.
In der Mitte des Rennens finde ich immer mehr in meinen Rhythmus zurück, bis mich schließlich Kettenprobleme vom Rad zwingen. Ich kann mein technisches Problem selbst schnell lösen und verliere somit nur circa eine Minute. Vor meinen Kettenproblemen konnte ich allerdings eine Kontrahentin schon direkt vor mir sehen, was mich ordentlich angespornt hat. Ich kämpfe mich zurück an ihr Hinterrad und kann sie in der letzten Runde sogar überholen. Kurz vor dem Ziel werde ich von Lisa Brandau eingeholt und ich lasse sie vorbeifahren. Extrem locker lasse ich es über die Ziellinie laufen.
Ich muss mich zuerst einmal hinsetzen, denn meine Beine tragen mich keinen einzigen Schritt mehr. Dann kommt auch schon meine Schwester angesprungen und umarmt mich. „Theresia, Du bist Fünfte!“, schreit sie mich an. Das muss ich jetzt erst einmal verarbeiten, denn eigentlich kann das nicht sein. Meine Familienmitglieder sehen mir an, dass ich es nicht verstehe, wohin meine Schwester erwidert: „Ja, Sabine ist ausgestiegen, somit bist du Fünfte“. So langsam aber sicher wird aus meiner „ich checks nicht“ eine „das ist ja ganz nice“-Miene.
Wie kann man sich über einen 5ten Platz freuen, wenn nur 8 Frauen am Start sind?
Ursprünglich waren 14 Damen bei der Deutschen Meisterschaft gemeldet, an der Startlinie standen wir dann aber nur zu acht. Ich empfand das vor dem Start schon als schade, aber was können denn die Fahrerinnen dafür, die mitfahren? Ich bin sehr glücklich mit meinem 5. Platz, weil sich vor mir nur Fahrerinnen befinden, die bei allen Rennen bisher (deutlich) schneller waren als ich und es für mich ein Beweis für meine Form ist. Natürlich ist es mein Ziel, irgendwann bei einer DM auch auf dem Podest stehen, momentan ist das unter normalen Bedingungen aber noch nicht realistisch. Ich freue mich trotzdem riesig über 50 Weltranglistenpunkte!
Natürlich stelle auch ich mir die Frage, warum dort so wenige Frauen starten. Es kommen extrem wenige Frauen aus den XC-Nachwuchsklassen in die Elite-Kategorie. Spätestens beim Aufstieg in die Elite-Kategorie steigen die meisten Fahrerinnen aus. Wenn wir die Jahrgänge anschauen, die bei den Meisterschaften in der Elite Damen-Kategorie an den Start gingen, dann wird das deutlich. Mit Jahrgang 1995 bin ich mit Abstand die jüngste Teilnehmerin. Die nächsten Jahrgänge sind 1990, 1989, 1987, 1986, 1985, 1984 und 1971. Wo sind die Fahrerinnen, die vom BDR in der U23-Kategorie gefördert werden? Ein anderer Faktor ist, dass immer weniger Frauen aus dem Marathon-Bereich im Cross Country an den Start gehen. Das liegt, so denke ich, größtenteils an den technischen Schwierigkeiten der Strecken. Ich persönlich finde die Entwicklung der Rennstrecken dennoch sehr schön, da ich auch Enduro-Rennen fahre und mich technisch sehr sicher fühle.
Danke St. Ingbert! In meinen Augen war es eine sehr gelungene Veranstaltung. Die Organisation empfand ich als sehr gut und der Streckenbau einwandfrei. Für ein Cross Country-Rennen auf nationaler Ebene war das wirklich großartig!
Der Beitrag Theresias Hürdenlauf bei der Deutschen Meisterschaft erschien zuerst auf MTB-News.de.