Auf gut 2000 Meter Höhe kämpfen die weltbesten XC-Piloten am kommenden Wochenende in Andorra um wichtige Weltcuppunkte. Insbesondere der Effekt der „dünnen Luft“ könnte für eine erneute Durchmischung der Fahrerfelder sorgen und somit ist einmal mehr Spannung garantiert, wenn die Damen und Herren zum fünften Mal an der Startlinie des Weltcups stehen.
Short Track – Seriensieger erneut in Favoritenstellung
Was Nino Schurter in der vergangenen Saison in den Cross-Country-Rennen gelang, könnte heuer Annika Langvad im Short Track gelingen – die perfekte Saison mit allen Siegen in allen Rennen. Langvad dominierte die Short Track Rennen der Damen bisher nach Belieben und sicherte sich jedes Mal sehr souverän den Sieg. Ihr Start am Wochenende scheint nach einem heftigen Sturz in der Startphase in Val di Sole gesichert, trotzdem dürfte die Dänin angesichts heftiger Prellungen am linken Handgelenk gehandicapt an der Startlinie stehen. Das würde die Tür öffnen für einige Fahrerinnen aus der Schweiz, die immer noch versuchen, den ersten Sieg in der neuen Diszplin für unser Nachbarland einzufahren. Mögliche Kandidatinnen hierfür wären Jolanda Neff, Alessandra Keller oder Linda Indergand.
Auch bei den Herren warten die Eidgenossen noch sehnlichst auf den ersten Sieg im Short Track. Nino Schurter zeigte in Val di Sole als Zweitplatzierter zwar seine bis dato beste Performance in der neuen Disziplin, jedoch konnte bzw. wollte er nicht dem bereits zweifachen Sieger des Short Tracks Mathieu van der Poel folgen. Im Hinblick auf die Doppelbelastung sparte sich Schurter einige Körner für das Cross-Country-Rennen auf – was sich auch als clevere Maßnahme herausstellte. Denn gerade van der Poel schienen im Cross-Country-Rennen die nötigen Körner zu fehlen, um die hohe Pace von Schurter zu halten – vielleicht ein Indiz dafür, dass sich der Niederländer beim Short Track zu sehr verausgabt hatte.
Herren – Knackt Schurter die 30er-Marke?
Betrachtet man lediglich die reinen Fakten nach den ersten vier Weltcuprennen, könnte man fast meinen, dass sich im Vergleich zum Vorjahr so ziemlich nichts verändert hat. Nino Schurter sicherte sich bereits drei der vier möglichen Siege und wäre da nicht der Pedalausrutscher beim Auftakt in Stellenbosch gewesen – dann würde der Wiederholung der perfekten Weltcupsaison vielleicht immer noch nichts im Wege stehen.
Doch es hat sich einiges getan zum Vorjahr. Insbesondere die jungen Fahrer rücken mehr und mehr ins Rampenlicht. Bisher gelang es lediglich dem etatmäßigen Cyclocross-Spezialisten Mathieu van der Poel, dauerhaft an der Spitze Schurter halbwegs Paroli zu bieten. In Val di Sole fehlten dem Corendon-Circus-Fahrer spürbar die Körner um dem hohen Tempo von Nino Schurter in den ersten Runden folgen zu können – nichtsdestotrotz landete er auf dem dritten Rang. Der frisch gekürte niederländische Straßenmeister ist eine große Wundertüte, die insbesondere in der Kombination mit der Höhe von Andorra überraschen könnte.
Während es van der Poel in keinem Rennen der Saison bisher gelang, Schurter bis zum Ende des Rennens unter Druck zu setzen, gelang dies nun bereits drei anderen jungen Fahrern. Sam Gaze konnte seinen Sensationssieg in Stellenbosch seitdem im Weltcup nicht mehr bestätigen, Anton Cooper verlor nur aufgrund knapper 5 Zentimeter den Zielsprint in Nove Mesto und erst am vergangenen Wochenende demonstrierte der Italiener Gerhard Kerschbaumer, wie man Schurter auf den Zahn fühlen kann.
Auch in Andorra dürfte man diese Kandidaten nicht aus dem Auge verlieren, vielleicht gelingt aber auch ähnlich wie Val di Sole den „fast“ einheimischen Fahrern unter dem Jubel der tausenden spanischen Fans eine Überraschung. Der Spanier David Valero ist ebenfalls ein Fahrer der jüngeren Generation und stellte im vergangenen Jahr dank einiger Top-Ergebnisse sein Potenzial unter Beweis. Auch die französischen Fahrer dürften angesichts der Nähe zu ihrem Heimatland sehr motiviert sein. Nach einem eher weniger erfolgreichen Rennen am Sonntag für die Fahrer der „Equipe Tricolore“ wird allen voran der Dauergast auf dem Podium Maxime Marotte alles daran setzen die Dinge wieder ins rechte Licht rücken zu können.
Auffällig stark in dieser Saison ist Marottes Teamkollege im Cannondale Team Henrique Avancini unterwegs. In Val di Sole belegte der Brasilianer erneut einen starken vierten Rang und wird auch in Vallnord hoch motiviert sein, den Aufwärtstrend fortzusetzen. Um die Riege der Fahrer auf dem Podium aus Val di Sole zu komplettieren, fehlt noch der Europameister Florian Vogel. Ein „alter Hase“ im Feld – doch fit wie eh und je: Der Schweizer besticht durch konstant starke Leistungen in seiner womöglich letzten Weltcupsaison.
Einen schwarzen Tag erwischte Manuel Fumic in Val di Sole. Vom Start weg wurde der deutsche Meister weit zurückgeworfen und landete letztlich auf dem 36. Rang. Nächstes Rennen, neue Chance lautet die Devise bei Fumic – wir drücken die Daumen, dass es wieder weit nach vorne geht! Auch die jungen deutschen Fahrer waren in Val di Sole nicht sehr zufrieden nach ihren Rennen. Georg Egger auf 45. Rang, Martin Gluth mit Platz 49 und Christian Pfäffle auf Rang 57 erhoffen sich allesamt ein besseres Ergebnis in Andorra.
Damen – Favoritenrolle ungeklärt!
Fast noch spannender als das Rennen der Herren entwickelte sich das Damenrennen in Val di Sole. Eine Spitzengruppe von fünf Fahrerinnen kämpfte zwischenzeitlich an der Spitze des Feldes um den Sieg. Pauline Ferrand-Prevot, Jolanda Neff, Maja Wloszczowska, Emily Batty und Gunn-Rita Dahle-Flesjå machten die Podiumsplätze unter sich aus – die Polin Wloszczowska hatte am Ende die Nase vorn. Sechs Jahre musste die ehemalige Weltmeisterin auf einen Weltcupsieg warten, schrammte oft nur knapp am Sieg vorbei. Nun also der große Triumph, der ihr logischerweise Auftrieb verleihen wird für das Rennen in Vallnord.
Insbesondere da diese fünf Damen in Val di Sole so dicht beieinander lagen, dürften alle Fünf auch in Vallnord als Sieg-/Podiumskandidatinnen gelten. Jolanda Neff konnte durch den Sturz von Annika Langvad und das somit vorzeitige Rennende der Dänin das Führungstrikot der Gesamtweltcupführenden übernehmen und wird alles daran setzen, dies zu verteidigen. Ferrand-Prevot wurde vor drei Jahren Weltmeisterin in Andorra und wird mit zahlreichen Fans aus Frankreich rechnen können. Trotz der Verletzung von Annika Langvad sollte man die Dänin nicht abschreiben, zumal sie im Short Track Rennen in Val di Sole sehr souverän wirkte.
Aus deutscher Sicht ruhen die Hoffnungen hauptsächlich auf den Schultern von Elisabeth Brandau. Sabine Spitz stürzte in Val di Sole heftig auf Kopf und Schulter und musste das Rennen vorzeitig beenden. Spitz verzichtet nicht nur deswegen auf das Rennen in der Höhe, sondern auch um dem hohen Pensum an wichtigen Rennen in naher Zukunft gerecht zu werden. Adelheid Morath kehrt nach ihrer doppelten Verletzungspause ins Weltcupgeschehen zurück – zu viel sollte man von der Schwarzwälderin jedoch nicht erwarten, zumal Morath von weit hinten starten muss.
Also muss es einmal mehr die Schönaicherin Brandau richten, die noch immer mit einer gebrochenen Rippe zu kämpfen hat. Vor dem Rennen in Val di Sole stand ihr dortiger Start sogar noch in Frage, jedoch Platz zehn im Short Track und Rang acht im Cross-Country-Rennen deuteten auf die eindeutig richtige Entscheidung hin. Auch in Vallnord wird die zweifache Mutter erneut angreifen wollen – wir drücken die Daumen!
U23 – Eibl verzichtet, Brandl mit guten Erinnerungen
Vor drei Jahren sicherte sich Max Brandl im Rennen der Junioren-Weltmeisterschaft die Silbermedaille in der Höhe von Andorra. Der deutsche Meister reist also sicherlich mit einem guten Gefühl in die Berge von Andorra. Ein erneuter Podiumsplatz scheint aktuell zu weit entfernt, doch nach dem 12. Rang in Val di Sole könnte es für Brandl im Hinblick auf die anstehenden Rennen einen Schritt nach vorne gehen. Auch wenn die aktuellen Spitzenfahrer Petter Fagerhaug, Joshua Dubau und Vlad Dascalu aktuell nicht zu bändigen sein werden, könnte der Wahlfreiburger an einem guten Tag in die ersten Fünf vordringen.
Bei den U23-Damen sorgt der Verzicht von Ronja Eibl für ein großes Loch aus deutscher Sicht. Die Fünftplatzierte aus Val di Sole fokussiert sich auf die anstehenden Aufgaben – insbesondere die nationalen und kontinentalen Meisterschaften in den beiden darauffolgenden Wochen. Die bisherige Sereinsiegerin und amtierende Weltmeisterin Sina Frei wird auch in Vallnord Favoritin Nummer eins auf den Sieg sein. Sie wird sich sicherlich erneut mit ihrer Teamkollegen Malene Degn und der Britin Evie Richards auseinandersetzen müssen. Durch die dünne Luft in der Höhe könnte gerade in dieser Konstellation ein spannendes Rennen zu sehen sein.
Der Zeitplan in Vallnord
Freitag, 13. Juli 2018
- 17:30 Uhr (MEZ): Short Track Damen
- 18:15 Uhr (MEZ): Short Track Herren
Sonntag, 15. Juli 2018
- 8:30 Uhr (MEZ): U23-Damen
- 10:15 Uhr (MEZ): U23-Herren
- 12:20 Uhr (MEZ): Damen Elite
- 14:50 Uhr (MEZ): Herren Elite
Wie in Val di Sole und Nove Mesto werden die Cross-Country-Rennen am Sonntag und die Short Track Rennen am Freitag auf Red Bull TV übertragen. Kommentar gibt es erneut in deutscher, englischer und portugiesischer Sprache. Die Rennen werden auf Deutsch von Christopher Ryan und Nathalie Schneitter kommentiert. Weitere Infos rund um den Weltcup in Vallnord findet ihr hier.
Schon getippt?
Habt ihr schon eure Tipps beim MTB-News.de Tippspiel für das Rennen in Vallnord abgegeben? Alle Infos dazu findet ihr hier.
Alle Artikel zum XC World Cup in Vallnord 2018:
- XC World Cup Vallnord: Zeit für Überraschungen – die Fotostory vom Finale
- XC World Cup Vallnord: Ergebnisse vom XC World Cup in Andorra
- XC World Cup Vallnord: Die XC-Rennen im Livestream um 12 und 14:30 Uhr
- XC World Cup Vallnord: Boxengasse: Feintuning in der Höhe
- XC World Cup Vallnord: Sensation in Andorra – die Ergebnisse des Short Tracks
- XC World Cup Vallnord: Die Short Track Rennen im Livestream um 17:20 Uhr
- XC World Cup Vallnord: Wer kriegt Luft in der Höhe Andorras?
Der Beitrag Wer kriegt Luft in der Höhe Andorras? erschien zuerst auf MTB-News.de.