Mit der Trans-Provence stand in diesem Jahr mein wohl bisher größtes Mountainbike-Abenteuer auf dem Programm. Zum ersten Mal habe ich mich recht ernsthaft auf ein Event vorbereitet und gehofft, dass meine Fitness für eine Durchquerung der Provence mit viele Höhenmetern und harten, technischen Abfahrten ausreicht. Nach einer Woche mit freundlichen Mitstreitern in grandioser Landschaft bei bestem Wetter bin ich erleichtert, es geschafft zu haben und mit meinem Ergebnis zufrieden.
Meine Erfahrungen
Auf 23 gewerteten Stages ging es über 269 km, 9.111 Höhenmeter und 18.281 Tiefenmeter von Embrun nach Menton einmal durch die Provence. Das macht im Schnitt 1.500 Höhenmeter, 45 km und 3.000 Tiefenmeter am Tag. Die Zahlen klingen erstmal ordentlich, aber durchaus machbar. So eine Strecke an sechs Tagen in Folge bei konstant über 30°C und mit vielen Schiebe- und Tragepassagen bergauf zurückzulegen, stellte sich dann aber doch als Herausforderung heraus.
Zusätzlich sind die Abfahrten größtenteils technisch anspruchsvoll und aufgrund ihrer Länge und teilweise kräftezehrenden Gegenanstiegen zusätzlich ermüdend. Jeder der schonmal ein Rennen gefahren ist, weiß außerdem, wie viel mehr Energie man braucht, wenn man Abfahrten nicht in einem entspannten Tempo fährt, sondern eben so schnell wie möglich gegen die Uhr. Teilweise hätte man sich bergab etwas mehr Zeit gewünscht, um die Landschaft zu genießen und Fotos zu machen. Ein kleiner Trost sind die zahlreichen Fotos der vier Profi-Fotografen, die viele schöne Erinnerungen einfingen. Zudem sorgten die Filmer und Drohnen-Piloten für tolles bewegtes Bildmaterial von jedem Tag.
Nimmt man die Anstrengungen auf sich, wird man mit einem sechstägigen Abenteuer durch die atemberaubende Landschaft der Provence belohnt. Von traumhaften Wäldern über hochalpines Gelände bis hin zu den Spezialitäten der roten und schwarzen Erde – an jedem Tag wartet grandiose Natur und noch viel großartigere Trails.
Für mich war die Trans-Provence eines der besten Erlebnisse auf dem Mountainbike. Doch für die langen Tage mit vielen Höhenmetern sollte man einiges an Kondition mitbringen und auch mental darauf vorbereitet sein – jeden Tag hieß es früh aufstehen und den ganzen Tag bei heißen Temperaturen auf dem Rad zu verbringen. Zudem sollten Fahrtechnik und Kraft für die langen, technischen Abfahrten definitiv auf einem gewissen Niveau liegen. Denn die Verletzungsgefahr ist in dem teils doch sehr ausgesetzten Gelände nicht gerade gering. Auch ein wenig Erfahrung in Sachen Enduro-Rennen kann nicht schaden, denn man sollte seine Limits kennen, um seine Kraft auf den langen Stages einteilen zu können.
Im Großen und Ganzen kann ich die Trans-Provence nur empfehlen: Großartige Organisation, grandiose Landschaft, nette Menschen, gutes Essen und beste Trails. Der Preis von 1.785 € scheint für eine Woche auf dem Bike erstmal extrem hoch, doch wer den Organisationsaufwand und das große Team vor Ort miterlebt hat, wird bestätigen, dass er gerechtfertigt ist.
10 Tipps für alle zukünftigen Teilnehmer
Vorbereitung ist alles
Bevor es an die Tipps fürs Rennen und die Ausstattung geht, will der Körper auf Trans-Provence-Niveau gebracht werden. Ein ordentliches Konditionstraining versteht sich von selbst, ich würde jedoch zusätzlich noch etwas Kraft- und Stabilitätstraining empfehlen. Die langen Stages sind technisch sehr anspruchsvoll und genügend Kraft kann in brenzligen Situationen dabei helfen, auf dem Rad zu bleiben. Noch ein weiterer Tipp: gewöhnt euch schon mal daran, euer Rad mehrere Stunden am Stück zu schultern oder zu schieben.
Bikewahl
Ein ordentliches Enduro oder stabiles Trailbike ist wohl die richtige Wahl für die Trans Provence. Man sollte bei der Bike-Wahl jedoch nicht zu sehr auf Laufruhe achten, denn die Spitzkehren sind teilweise sehr eng – und es sind viele. Außerdem sollte man mit seinem Bike natürlich schon einige Kilometer gefahren sein, schließlich will man sich nicht erst während des Rennens an das Bike gewöhnen.
Dicke Reifen aufziehen
Nichts ist ärgerlicher als ein Defekt. Ja, man hat lange Tage und viele Höhenmeter vor sich. Aber glaubt mir, ein Reifen mit mächtig Pannensicherheit spart euch viele Nerven – und ganz nebenbei noch Zeit. Denn das Gelände ist anspruchsvoll, felsig und nach einigen Tagen im Sattel trifft man die Linien doch nicht mehr so ideal, wie man das gerne hätte. Ich setzte auf tubeless montierte Schwalbe-Bereifung mit Super Gravity-Karkasse und hatte keinen einzigen Platten – sicherlich war da auch etwas Glück dabei. Auch andere Hersteller haben natürlich Reifen mit ordentlich Pannenschutz im Programm.
Haltbar geht vor leicht
Das gleiche wie bei den Reifen gilt auch beim Rest vom Rad – lieber stabil als leicht und einen Defekt auf der Stage riskieren. Auch die wichtigsten Ersatzteile (wie Schaltauge und Schaltzug) sollten im Rucksack oder irgendwo am Rad ihren Platz finden. In der Hälfte und am Ende des Tages wartet zwar immer der Mavic Rennsupport auf euch – wenn ihr bis dahin aber noch eine weite Strecke zu bewältigen habt, hilft das auch nicht wirklich.
Material & Bekleidung
Über den Rennsupport von Mavic könnt ihr die gängigsten Ersatzteile während des Rennens bei Bedarf kaufen. Aber gerade unübliche Ersatzteile wie Bremsbeläge für exotische Bremsen, Schaltaugen, etc. sollte man dringend selbst dabei haben. Im Idealfall hat man für jeden Tag frische Bekleidung dabei, doch natürlich ist der Platz im Gepäck limitiert. An den meisten Abenden habe ich daher Trikot, Hose und Bib von Hand gewaschen und zum Trocknen aufgehängt. Das Geruchslevel in eurer Tasche wird es euch danken.
Karten gut studieren
Einige schwer einzusehende Abzweigungen und kritische Passagen lassen sich auf der Karte erahnen oder in den darauf abgedruckten zusätzlichen Tipps von Rennorganisator Ash nachlesen. Manchmal kann man auch am Anfang der Stage nochmal von Mitfahrern oder der Zeitnahme noch den ein oder anderen Tipp erhalten. Das kann extrem hilfreich sein, also Augen und Ohren auf! Zudem sind auf der Karte die Brunnen eingezeichnet, an denen man die Trinkblase auffüllen kann. So lässt sich planen, wie viel Wasser man mitschleppen muss.
Sitzcreme & mehr
Dazu bleibt wohl nicht viel sagen. Eine Hose mit gutem Sitzpolster und eine ordentliche Sitzcreme vermeiden unnötige Schmerzen. Zusätzlich sollte man natürlich auch an alle anderen Medikamente und Kosmetika denken, die man im Laufe der Woche gebrauchen könnte. Zwei Ärzte sind beim Rennen dabei und haben natürlich auch eine Grundausstattung dabei, aber meistens ist es doch einfacher, wenn man selbst das Nötigste dabei hat.
Ohrstöpsel
Ein Zeltlager mit 85 müden Fahrradfahrern – muss ich mehr sagen?
Viel essen und trinken
Schwierig zu sagen wie es anderen geht, aber die großen Anstrengungen in Kombination mit der Hitze Südfrankreichs sorgten bei mir für wenig Appetit. Um das Rennen durchzustehen, sollte man sich aber stets zwingen, so viel wie möglich zu essen und zu trinken. Fällt man einmal in ein Loch, werden die langen Tage sicherlich zur Qual. Allzu schwer sollte das bei dem leckeren Essen aber zum Glück nicht fallen.
Unter dem eigenen Limit bleiben
Fahrt sechs Tage komplett am Limit – ihr werdet sicher stürzen und euch wahrscheinlich irgendwann verletzen. Es ist eine gute Idee, die Stages mit etwa 80% des eigenen Vollgas-Tempos zu fahren und sicher ins Ziel zu kommen. Denn die Stages sind zu lang und anspruchsvoll, um immer Knallgas zu geben – zumindest für mich. Auch im Uphill lohnt es sich, Kraft zu sparen. Denn für die Bewältigung der Tages-Strecke bleibt genug Zeit, sodass es sich lohnt die Power für die gewerteten Stages aufzuheben.
Hier findest du alle Artikel zur Trans Provence 2017
- Trans-Provence 2017: Beilmann geht hacken – die Vorbereitung
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 1: Pannenpech mit Panorama
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 2: Nicht den Vordermann umnieten!
- Mavic Trans-Provence 2017 - Tag 3: Endlich an den Grey Earth Trails
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 4: Die Beine werden schwer ...
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 5: Es geht bergab!
- Mavic Trans-Provence 2017 – Tag 6: Mehr Meer!
- Mavic Trans-Provence 2017: Zusammenfassung & die wichtigsten Tipps zum Rennen
Weitere Informationen: www.trans-provence.com
Text & Redaktion: Sebastian Beilmann | MTB-News.de 2017
Bilder: Sebastian Beilmann, Sven Martin, Sam Needham, Gary Perkin, Duncan Philpott