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Muschi am Mittwoch: Mein Trainingsplan endet auf dem Ponyhof

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Ich hege reges Desinteresse an der Personalie Trainingsplan. Weil ich das schon immer tue, bin ich im Grunde genommen der absolut falsche Ansprechpartner zum Thema Trainingseffizienz. Aber vielleicht genau der Richtige, um darüber zu schreiben, wenn der kleine neugierige Mann wieder von hinten an die Schädeldecke klopft und fragt „Fahr doch mal nach Trainingsplan und gewinne“.

Das klingt sehr verlockend, vielleicht mal ganz oben auf dem Podest stehen zu können. Aber welchen Preis müsste ich zahlen für die Ungewissheit, ob mich ein Plan zu einem eigentlich nicht planbaren Erfolg im Sport führen könnte? Außerdem habe ich nur ein zusammengewürfeltes Halbwissen der Internet-Gemeinde als Informationsgrundlage zur Verfügung. Nur: wer von den Experten weiß denn wirklich, wovon er schreibt? Sich mit schön formulierten Sätzen die Gunst der Leserschaft zu erschleichen ist einfach, aber stimmen die tollen Weisheiten auch? Das Schlimme daran ist, es gibt viele Möglichkeiten sich einen persönlich gefälligen Trainingsplan zusammen zu stellen. Es gibt verschiedene Philosophien hinter der Überschrift Trainingsplan und der Aufwand zum Training lässt sich auf Material, Ernährung und Lebensumstände beliebig erweitern.

Zu guter Letzt ist die Frage zu klären, ob es reicht, sich sein Wissen selbst zu erarbeiten oder es grundsätzlich besser ist, sich direkt in die Hände eines Fachmanns zu begeben.

Wenn der Fingerhut zum Lenkerband passt.
# Wenn der Fingerhut zum Lenkerband passt.

Ich will wirklich niemandem den Spaß an Leistungssteigerung, Leistungsoptimierung oder dem Leistungserhalt über den Winter vermiesen. Aber als Hobbyfahrer muss man sich doch schlussendlich gewissenhaft die Frage stellen, ob man sich über einen Trainingsplan, der seinen Namen auch wirklich verdient, nicht den Spaß am Radfahren demontiert.

Möglichkeiten, seiner Form auf die Spur zu kommen, gibt es genug. Die Frage ist nur, was man mit den gesammelten Daten so anfängt, ohne den wirklichen Durchblick zu haben. Über viele technische Helferlein wie Pulsuhr, Garmin und Wattkurbeln lassen sich Daten in Mengen sammeln. Sich Informationen während der Fahrt und darüber hinaus später vor dem Rechner anzuschauen ist eine Sache, sie richtig zu interpretieren eine ganz andere.

Wer nicht die Zeit aufbringt, diese Zahlen in den richtigen Kontext zu setzen, kann sich davon eine Menge Excel-Tabellen bauen, jedoch keine aussagekräftigen Rückschlüsse daraus ziehen, ohne profunde Kenntnisse aus der Sportwissenschaft mitzubringen. Ich habe immer noch ein Gespräch mit Markus Steffens von Focus Rapiro Racing in den Ohren, indem er mir versuchte zu erklären, dass eine Wattkurbel zu kaufen der einfache Teil in der Beziehung zu seinem neuen tollen Messgerät ist. Das Sammeln der Daten geht auch noch von alleine, doch das Bewerten der Datenflut ist die Kunst. Und die Grundlagen, die man zur Bewertung heranzieht, kommen weder vom Himmel geflogen, noch sind sie zu schätzen. Dazu bedarf es erstmal gewisser Leistungsdiagnostiken.

So romantisch es auf dem Bild erscheint, so sollte es auch immer sein.
# So romantisch es auf dem Bild erscheint, so sollte es auch immer sein.

Also kommt man irgendwie doch nicht um eine professionelle Beratung herum. Und ist man dann auch bereit, den Weg bis ganz zu Ende zu gehen? Bei der Vorstellung, was zu einem Trainingsplan auch sonst noch auf einen zukommt, lassen erahnen, dass man seinen Lebenswandel wohl ändern muss. Jetzt wird es für mich gruselig. Ernährungsumstellung, Ausgleichssport, Bewegungsanalysen, Bikefitting, und der Supergau – einen geregelten Tagesablauf. Igitt, das haben ja schon meine Eltern nicht hinbekommen.

Wo fängt eine effektive Trainingssteuerung an und wo hört sie auf, gibt es ein Mittelding, das nicht ganz so weh tut, aber spürbar seine Spuren hinterlässt? Halbe Sachen machen kann man schnell, jedoch ein Vorhaben mit aller Konsequenz durchzuziehen ist etwas ganz anderes.
Der wichtigste Faktor dabei ist Zeit. Meine Freizeit ist begrenzt und ich gönne mir schon sehr viel davon. Diese dann auch noch mit Trainingsplänen zu belasten, lässt das Spaßbarometer wahrscheinlich stark nach unten sinken.
Ein Trainingsplan lebt nicht von Grundlage alleine, erst recht nicht, wenn die Eckpunkte dieser Grundlage nicht vorher genau analysiert sind. Und jetzt bin ich mal ganz ehrlich. Ein Winter voll Trainingseinheiten auf der Rolle, weil man so effektiver trainieren kann, ist wie onanieren. Richtiger Sex macht einfach mehr Spaß!

Men at work
# Men at work

Ich habe mich per kaltem Entzug im Selbstversuch in den letzten Tagen meines Garmins entwöhnt. Ich bin mal ganz ohne Datenflut durch den Sommer geradelt.
Puhhhh, ganz schön eigenartig, seine Umwelt ohne den permanenten Druck der Zahlenkolonnen zu erleben. Vollkommen frei vom permanenten Konsum variabler Zahlencodes hat zuerst der starke Augeninnendruck nachgelassen. Ganz befreit von Geschwindigkeit, Zeit, Durchschnittsgedönse und Herzfrequenz schließt dann auch Graf Zahl seinen Sargdeckel und man kann sich einfach mal wieder mit Nichts auf dem Rad zu beschäftigen – außer der Rotation von Beinen an einer Kurbel. Kaum vorstellbar, aber ein Leben ohne Garmin und Handy ist möglich.

Trainingsplan konkret heißt aber auch sein Umfeld mit den Auswüchsen zu belasten. Schön für die, welche alleine für sich verantwortlich sind und nur auf den Trainingsplan Rücksicht nehmen müssen. Ein Trainingsplan erfordert ein gewisses Zeitmanagement, das muss zusammen mit der Familie in Einklang gebracht werden. Das ist vielleicht für die meisten die kleinere Hürde, während die Umstellung von Ernährung und der Essgewohnheiten eine ganz andere ist.
Für mich ist diese kleine Hürde jedoch schon zu hoch, wenn ich genauer drüber nach denke.
Ich müsste zuerst mal das Wort Zeitmanagement buchstabieren lernen, bevor ich mich zum passenden Kurs an der Volkshochschule anmelden könnte.

Captain Kirk hat immer Brückentag. Ohne Garmin geht es auch bei mir nicht.
# Captain Kirk hat immer Brückentag. Ohne Garmin geht es auch bei mir nicht.

Und dann ist der finanzielle Aufwand auch nicht zu verachten. Gerätschaften, Beratung und Begleitung zum perfekten Training wollen finanziert sein. Auch die halbe Hingabe kostet Geld. Schade um den schönen Urlaub, den man in ein schlecht aufgebautes Training steckt.
Und wenn das Training dann nicht zum gewünschten Erfolg führt, wenn Fahrer, ohne den ganzen Aufwand zwischen Kind und Kegel, einem immer noch um die Ohren fahren, dann ist das ganz schön frustrierend. So wird man sich den Spaß am Radfahren kaputt trainieren, weil man entweder sein Talent nicht genug hinterfragt hat oder zu halbherzig an das Thema heran gegangen ist.

Ich habe einen Riesenrespekt vor all den Radfahrern, die sich akribisch einem Projekt Trainingsplan stellen, weil sie eine Konsequenz an den Tag legen, die ich noch nicht leben kann. An dieser Stelle möchte ich da Torsten Weber vom “24h Team Northwave Voreifel” und Daniel Rahia vom Team „Coffee and Chainrings“ erwähnen. Beide haben sich akribisch auf die Saison vorbereitet und ihre Ergebnisse können sich sehen lassen.

Vielleicht fehlt mir auch das passende Ziel, das mir die Motivation geben könnte, mich Tag für Tag zu quälen. Ich bewundere Sportler dafür, die trotz eines auf den Sport ausgerichteten Lebens, nicht den Spaß an diesem Verlieren und zudem noch Zeit für die Familie finden.
Vielleicht braucht es einfach noch etwas Zeit bis ich durch einen Trainingsplan den Satz „Ruhen ist eine unterschätzte Sportart“ in seiner Bedeutung anders interpretieren kann.
So bleibe ich bei dem Motto, „Es ist sehr sexy wenn man im aneroben Bereich ein bisschen grunzt“ und gönne mir in diesem Jahr noch keinen Trainingsplan.

In diesem Sinne, Think Pink – Eure Muschi

Anmerkung: Für den Inhalt der Artikel aus der Serie “Muschi am Mittwoch” ist der benannte Autor verantwortlich. Die in den Artikeln vertretenen Ansichten und Meinungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Für Anregungen und Kritik steht der Autor hier themenbezogen in den Kommentaren und allgemein per privater Nachricht zur Verfügung.


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