
Giant Reign 29 im Test: Langsam, aber stetig mahlen die Mühlen bei Giant. Nachdem er sich lange gegen den 29er Trend gesperrt hat, bietet der Bike-Riese seit 2019 auch eine 29″-Variante des Vollgas-Enduro-Modells Reign an. Dieses verzichtet zwar auf etwas Federweg, bietet dafür jedoch einen hochwertigen Alu- oder Carbon-Rahmen sowie eine äußerst potente Geometrie. Wir haben mit dem Giant Reign Advanced Pro 29 0 das Top-Modell der Reihe über unsere Hometrails und durch den Bikepark gejagt.
Steckbrief: Giant Reign Advanced Pro 29 0
Einsatzbereich | All-Mountain, Enduro |
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Federweg | 160 mm/146 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 13,1 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: M) |
Website | www.giant-bicycles.com |
Giant zufolge ist das neue Reign 29 ein reinrassiges Enduro-Racebike. Im Gegensatz zur Konkurrenz, die sich bei ihren EWS-Rennmaschinen mittlerweile in Federwegs-Sphären von 160 bis 180 mm bewegt, wurde Giant-typisch im Vergleich zum 27,5″-Vorgänger jedoch am Maestro-Hinterbau Federweg eingespart: 146 mm muss den Taiwanesen zufolge auch für ruppigstes Gelände reichen. Kombiniert wird dies mit einer 160 mm-Federgabel und einer durchaus modernen und somit abfahrtslastigen Geometrie. Neben der von uns getesteten Carbon-Version gibt es auch wieder zwei Alu-Modelle sowie ein Alu-SX-Modell mit einer noch stärker Richtung bergab zeigenden Ausstattung. Das von uns getestete 2020er Reign Advanced Pro 29 0-Modell wandert für 8.285 € über die Ladentheke, das günstigste Modell kostet 2.826 €.

Im Detail
Man muss kein anerkannter MTB-Experte sein, um schnell zu begreifen, dass man mit dem Reign 29 ein Giant vor sich hat: Der Carbon-Rahmen wird von eher geschwungenen Formen dominiert, der Dämpfer steht wie immer senkrecht vor dem Sitzrohr im Rahmen und der Hinterbau ist mit den bekannten, voluminösen Maestro-Schwingen am Hauptrahmen befestigt. Das Maestro-System wird bereits seit über einem Jahrzehnt bei Giant eingesetzt und besteht aus zwei in dieselbe Richtung drehenden Schwingen, die Hauptrahmen und Hinterbau verbinden. Es handelt sich also um einen virtuellen, wandernden Drehpunkt. Beim Reign 29 Advanced besteht so ziemlich alles aus leichtem Carbon: Hauptrahmen, Hinterbau und sogar die obere Schwinge. Außerdem haben die Taiwanesen etwas am Design-Regler gedreht und dem Reign einige schicke Kanten und elegante Rohrformen verpasst, ohne sich zu weit vom klassischen Look zu entfernen. Highlight des Advanced Pro 0-Modells ist allerdings wohl die Lackierung: Ist sie gold, ist sie grün? Man weiß es nicht, aber sie ist wirklich verdammt schick und lässt das Rad schon im Stand schnell und edel wirken.



Mit so viel Carbon am Rad wundert es nicht, dass unser Testbike in M federleichte 13,1 kg auf die Waage bringt – und das, obwohl Giant solide Reifen und sogar eine Kettenführung verbaut. Dafür sucht man Flipchips und derartige Spielereien vergeblich am Giant Reign Advanced Pro 29 0. Alle Leitungen und Züge wandern direkt hinter dem Steuerrohr in den Rahmen und treten vor dem Dämpfer aus der Oberseite des Unterrohrs hervor. Interne Führungen sind nicht vorgesehen und auch die Gummi-Stöpsel sitzen nicht übermäßig straff. Von dort geht es für die Bremsleitung extern bis zu ihrem Bestimmungsort, das Schaltkabel wiederum läuft über den unteren Link und von dort in die Kettenstrebe. Die unter Fahrern oft unbeliebte Schlaufe unter dem Tretlager hat Giant somit eliminiert. Wie es sich für einen modernen Carbon-Rahmen gehört, sind nicht nur die Kettenstrebe, sondern auch der untere Teil des Unterrohrs mit einem Gummi-Schoner überzogen, der sie vor Steinschlägen und ähnlichen Bosheiten beschützen soll.

Auf dem Unterrohr ist Platz für einen Flaschenhalter – bereits bei Größe M empfiehlt sich jedoch ein Modell mit Entnahme zur Seite. Weitere neue Details sind die Trunnion-Aufnahme am Dämpfer, die dem Rahmen im Zusammenspiel mit der einteiligen Carbon-Wippe deutlich höhere Steifigkeits-Werte bescheren soll, sowie die kleinen Abläufe in der Rahmentasche unterhalb der unteren Dämpferaufnahme. Außerdem kommen alle Modelle mit einem vollständigen Tubeless-Set – also Tubeless-Band, Ventilen und Dichtmilch.
Geometrie
Bei der Geometrie zeigt sich Giant ziemlich progressiv: Die vier Größen des Giant Reign 29 liegen zwischen 428 mm und ganzen 516 mm Reach, was allerdings leider auch recht große Sprünge zwischen den Größen erzwingt. Der Stack liegt durch die Bank weg deutlich über 600 mm und der Sitzwinkel ist bei allen Modellen 76,8° steil, was dem Fahrer eine sehr zentrale Sitzposition bescheren sollte. Das Tretlager ist um 30 mm abgesenkt, die Kettenstreben sind mit 439 mm für ein 29er mittellang. Der Lenkwinkel ist mit 65° zwar nicht gerade steil, aber auch nicht so flach wie bei manch anderem Race-Enduro.
S | M | L | XL | |
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Sitzrohrlänge | 431 mm | 431 mm | 464 mm | 496 mm |
Reach | 428 mm | 455 mm | 493 mm | 516 mm |
Stack | 619 mm | 619 mm | 628 mm | 637 mm |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel | 76.8° | 76.8° | 76.8° | 76.8° |
Tretlagerabsenkung | 30 mm | 30 mm | 30 mm | 30 mm |
Oberrohrlänge (horizontal) | 573 mm | 600 mm | 640 mm | 665 mm |
Steuerrohrlänge | 100 mm | 110 mm | 110 mm | 120 mm |
Kettenstrebenlänge | 439 mm | 439 mm | 439 mm | 439 mm |
Radstand | 1188 mm | 1215 mm | 1258 mm | 1265 mm |

Ausstattung
Das Giant Reign 29 wird in zwei Carbon-, zwei Alu- und der SX-Version auf Alu-Rahmen-Basis angeboten. Bei unserem Testmodell handelt es sich um das Top-Carbon-Modell aus der Saison 2020 – mittlerweile hat Giant jedoch bereits die Modelle für die kommende Saison vorgestellt. Diese findet ihr in der unten aufgeführten Tabelle. Unser Testbike ist mit einem kompletten Fox Factory-Fahrwerk bestückt, bestehend aus 36 Grip2-Federgabel und Float X2-Luftdämpfer. Das Hinterrad wird über einen SRAM X01 Eagle-Antrieb mit 10 bis 50 Zähne-Kassette angetrieben, gestoppt werden beide Räder mit SRAM Code RSC-Bremsen. Die Maxxis Minion-Reifen in dickerer Exo+ Karkasse sind auf hauseigene Giant TRX-0-Carbon-Felgen aufgezogen. Die von Giant gelabelten Naben teilen sich das Innenleben mit den beliebten DT Swiss 240s-Naben. Auch am Cockpit mit Descendant Carbon-Lenker samt passendem Vorbau sowie an der Sattelstütze (RockShox Reverb) wird nicht an Marken-Komponenten gespart, was sich jedoch auch im stolzen Preis von 8.285 € niederschlägt.
Ab der kommenden Saison verdrängen Shimano-Antriebe und -Bremsen den großen Konkurrenten SRAM bei den meisten Modellen – außerdem setzt das Topmodell nun auf einen Stahlfeder-Dämpfer aus dem Hause Fox.
- Federgabel Fox 36 Factory (160 mm)
- Dämpfer Fox Float X2 Factory (146 mm)
- Antrieb SRAM X01 Eagle
- Bremsen SRAM Code RSC
- Laufräder Giant TRX-0
- Reifen Maxxis Minion DHF/DHR II Exo+
- Cockpit Truvativ Descendant Carbon (800 mm) / Truvativ Descendant (50 mm)
- Sattelstütze RockShox Reverb (125 mm)
Reign 29 Advanced Pro 0 – 2020 | Reign 29 Advanced Pro 0 – 2021 | Reign 29 Advanced Pro 1 – 2021 | Reign 29 1 – 2021 | Reign 29 2 – 2021 | Reign 29 SX – 2021 | |
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Rahmen | Advanced Carbon Hauptrahmen und Hinterbau, Carbon Umlenkwippe,146 mm, Boost 12 x 148 mm | Advanced Carbon Hauptrahmen und Hinterbau, Carbon Umlenkwippe,146 mm, Boost 12 x 148 mm | Advanced Carbon Hauptrahmen und Hinterbau, Carbon Umlenkwippe,146 mm, Boost 12 x 148 mm | AluxX SL Rahmen, Carbon Umlenkwippe, 146 mm, 12 x 148 mm | AluxX SL Rahmen, Carbon Umlenkwippe, 146 mm, 12 x 148 mm | AluxX SL Rahmen, Carbon Umlenkwippe, 146 mm, 12 x 148 mm |
Gabel | Fox 36 Float Factory GRIP2, 160 mm, Boost 15 x 110 mm | Fox 38 Factory, GRIP2, 170 mm, Boost 15 x 110 mm | Fox 38 Performance Elite, GRIP2, 170 mm, Boost 15 x 110 mm | Fox 38 Performance Elite, GRIP2, 170 mm, Boost 15 x 110 mm | RockShox Yari RC, 170 mm, Boost 15 x 110 mm | Fox 38 Performance Elite, GRIP2, 170 mm, Boost 15 x 110 mm |
Dämpfer | Fox Float X2 Factory | Fox Float DHX2 Factory, 205 x 60 mm, Trunnion mount | Fox Float X2 Performance, 205 x 60 mm, Trunnion mount | Fox Float X2 Performance, 205 x 60 mm, Trunnion mount | RockShox Deluxe Select+ RT, 205 x 60 mm, Trunnion mount | Fox Float DHX2 Performance Elite, 205 x 60 mm, Trunnion mount |
Lenker | Truvativ Descendant Carbon 800 x 35 mm, 20 mm Rise | Giant Contact SLR TR35 Carbon, 20 mm Rise | Giant Contact SLR TR35, 20 mm Rise | Giant Contact SLR TR35, 20 mm Rise | Giant Contact SLR TR35, 20 mm Rise | Giant Contact SLR TR35, 20 mm Rise |
Vorbau | Truvativ Descendant | Giant Contact SL 35 | Giant Contact SL 35 | Giant Contact SL 35 | Giant Contact SL 35 | Giant Contact SL 35 |
Sattelstütze | SRAM Reverb Stealth, 30,9 mm, Absenkung: 100 mm (S) / 125 mm (M) / 150 mm (L) / 175 mm (XL) | Fox Transfer Factory, 30,9 mm (S: 125 mm, M: 150 mm, L-XL: 175 mm) | Giant Contact Switch Vario Stütze 30,9 mm (S: 125 mm, M: 150 mm, L-XL: 170 mm) | Giant Contact Switch Vario Stütze 30,9 mm (S: 125 mm, M: 150 mm, L-XL: 170 mm) | Giant Contact Switch Vario Stütze 30,9 mm (S: 125 mm, M: 150 mm, L-XL: 170 mm) | Giant Contact Switch Vario Stütze 30,9 mm (S: 125 mm, M: 150 mm, L-XL: 170 mm) |
Sattel | Giant Contact SL – Neutral | Giant Romero SL | Giant Romero SL | Giant Romero | Giant Romero | Giant Romero |
Schalthebel | SRAM X01 Eagle | Shimano XTR M9100, i-Spec EV | SRAM GX Eagle | Shimano Deore XT M8100, i-Spec EV | Shimano SLX M7100 | SRAM NX Eagle |
Schaltwerk | SRAM X01 Eagle, 12-fach | Shimano XTR M9100 Shadow+, 12-fach | SRAM GX Eagle, 12-fach | Shimano Deore XT M8100 Shadow+, 12-fach | Shimano SLX M7100 Shadow+, 12-fach | SRAM NX Eagle, 12-fach |
Bremsen | SRAM Code RSC, (200 mm) / Alternativ: Shimano Deore XT M8120 (203 mm) | Shimano XTR BR-M9120 (4-Kolben), 203/203 mm | Shimano SLX BR-M7120 (4-Kolben), 203/203 mm | Shimano Deore BR-M6120 (4-Kolben), 203/203 mm | Shimano BR-MT520 (4-Kolben), 203/203 mm | Shimano SLX BR-M7120 (4-Kolben), 203/203 mm |
Kassette | SRAM XG-1295 Eagle, 10x50 | Shimano XTR M9100, 10x51T | SRAM GX Eagle XG-1275 Eagle, 10-52T | Shimano SLX M7100, 10-51T | Shimano Deore M6100, 10-51T | SRAM NX Eagle PG-1230, 11-50T |
Kette | SRAM X01 Eagle | Shimano XTR | SRAM GX Eagle | KMC X-12 | KMC X-12 | SRAM NX Eagle |
Kurbelsatz | SRAM X01 Eagle DUB 34 T, MRP AMg V2 Carbon-Kettenführung | Shimano XTR M9100, 34 T, MRP AMg V2 Carbon-Kettenführung | Truvativ Descendent 6k, 32 T, MRP AMg V2-Kettenführung | Shimano Deore XT M8100, 32 T, MRP AMg V2-Kettenführung | Shimano SLX M7100, 32 T, MRP AMg V2-Kettenführung | Truvativ Descendent 6k, 32 T, MRP SXg Kettenführung |
Innenlager | SRAM DUB PressFit | Shimano Pressfit | SRAM DUB Pressfit | Shimano Pressfit | Shimano Pressfit | SRAM DUB Pressfit |
Felgen | Giant TRX-0 Carbon, 30mm Innenweite | Giant TRX 0 29 Carbon, Tubeless Ready, 30 mm Innenweite | Giant TR 1 29, Tubeless Ready, 30 mm Innenweite | Giant TR 1 29, Tubeless Ready, 30 mm Innenweite | Giant AM 29, Tubeless Ready, 30 mm Innenweite | Giant AM 29, Tubeless Ready, 30 mm Innenweite |
Naben (v/h) | Giant TRX-0 (DT Swiss 240 S Internals), 6-Loch | Giant TRX 0 | Giant TR 1 | Giant TR 1 | Giant Tracker Performance | Giant Tracker Performance |
Reifen | Maxxis Minion DHF 29" x 2,5" W, 3C MaxxTerra, EXO+, Tubeless Ready / Maxxis Minion DHR II 29" x 2,4" W, 3C MaxxTerra, EXO+, Tubeless Ready | Maxxis Assegai 29" x 2,5" WT, 120 TPI 3C MaxxTerra, EXO+, Tubeless Ready / Maxxis DHR II 29" x 2,4" WT, 3C MaxxGrip , Exo+, Tubeless Ready | Maxxis Assegai 29" x 2,5" WT, 120 TPI 3C MaxxTerra, EXO+, Tubeless Ready / Maxxis DHR II 29" x 2,4" WT, 3C MaxxGrip , Exo+, Tubeless Ready | Maxxis Assegai 29" x 2,5" WT, 60 TPI, 3C MaxxTerra, Exo, Tubeless Ready / Maxxis DHR II 29" x 2,4" WT, Exo, Tubeless Ready | Maxxis Assegai 29" x 2,5" WT, 60 TPI, 3C MaxxTerra, Exo, Tubeless Ready / Maxxis DHR II 29" x 2,4" WT, Exo, Tubeless Ready | Maxxis Assegai 29" x 2,5" WT, 120 TPI 3C MaxxTerra, EXO+, Tubeless Ready / Maxxis DHR II 29" x 2,4" WT, 3C MaxxGrip , Exo+, Tubeless Ready |
Zubehör | Tubeless Kit (Dichtmittel,Ventile, Reifenheber, Bedienungsanleitung, Ventilkernausdreher) | Tubeless Kit (Flüssigkeit, Ventile, Reifenheber, Ventilkernentferner, Anleitung) | Tubeless Kit (Flüssigkeit, Ventile, Reifenheber, Ventilkernentferner, Anleitung) | Tubeless Kit (Flüssigkeit, Ventile, Reifenheber, Ventilkernentferner, Anleitung) | Tubeless Kit (Flüssigkeit, Ventile, Reifenheber, Ventilkernentferner, Anleitung) | Tubeless Kit (Flüssigkeit, Ventile, Reifenheber, Ventilkernentferner, Anleitung) |
Farbe | Chameleon Saturn / Solidblack | Chrysocolla / Black | Rosewood / Black | Black Titanium | Black / Chameleon Saturn | Concrete / Mulberry Dye |
Preis (UVP) | 8.284,74 € | 8.284,74 € | 5.067,94 € | 3.898,19 € | 2.825,92 € | 3.703,23 € |






Auf dem Trail
Bevor es auf die erste Fahrt geht, gibt es dank des recht komplexen Fox Factory-Fahrwerks so einige Einstellungen vorzunehmen. Wir orientieren uns zunächst am Heck an den Fox-Empfehlungen sowie 30 % Sag und an der Front am empfohlenen Luftdruck und einem sehr offenen Dämpfungs-Setup. Leider müssen wir bereits vor der ersten Fahrt die RockShox Reverb mit 125 mm Hub gegen ein 170 mm-Modell tauschen: Grund ist hier vor allem die sehr geringe Sitzrohrlänge, mit der wir die Stütze mehrere Zentimeter über das Maximum hinaus aus dem Rahmen ziehen müssten. Ich falle zwar um 3 cm aus dem von Giant empfohlenen Größenspektrum des getesteten M-Rahmens (bis 180 cm), aber die werden nicht allesamt in den Beinen stecken – weshalb größere Kunden hier definitiv im Laden Probesitzen sollten. Alle neuen Modelle für 2021 sind nun übrigens auch in Größe M mit einer 150 mm-Stütze ausgerüstet, mit der ich knapp hinkommen müsste.
Beim ersten Aufsitzen fühlt sich das Rad erwartungsgemäß eher kurz an. Das liegt nicht nur am knappen Reach von 455 mm, sondern auch am steilen Sitzwinkel, der den Fahrer weit vorn über dem Tretlager positioniert. Warum überhaupt ein M-Bike zum Testen, wo ich doch L fahren müsste? Ich bin bereits genug Räder aller Größen gefahren, um zu wissen, dass ich mit 493 mm Reach keinen Spaß habe und mich fühle wie auf einer Streckbank. Leider ist der Sprung zwischen M und L beim Giant Reign 29 ziemlich groß – doch auch, wenn die Länge des M-Bikes etwas unter meinem Sweetspot liegt, komme ich damit in der Regel sehr gut zurecht.

In Anstiegen ergibt sich mit dem Giant Reign Advance Pro 29 0 ein mehr als positives Bild. Das Rad geht nicht zuletzt aufgrund seines Gewichts und der steifen Carbon-Laufräder bei jeder Pedalumdrehung willig nach vorne und bleibt am Heck dabei angenehm ruhig. Klar, im Wiegetritt wippt der Dämpfer leicht, doch das hält sich in Grenzen und wir haben den Lockout während unseres Tests nicht einmal genutzt. Die Sitzposition ist sehr zentral und angenehm, auch mit der maximalen Anzahl an Spacern unter dem Lenker bekommt man leicht genug Druck auf die Front und fürchtet sich so vor den wenigsten Anstiegen. Wir würden einiges darauf wetten, dass das Giant Reign 29 so manches High-End-Trailbike locker im Uphill hinter sich lässt.

Giant zufolge handelt es sich jedoch trotz des limitierten Federwegs um ein waschechtes Enduro-Racebike – entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Abfahrt. Wie bei bisherigen Giant-Modellen auch fällt die Eingewöhnungszeit angenehm kurz aus, was sicher auch am ausbalancierten Fahrwerk liegt. Außerdem fühle ich mich nun auf dem M-Rahmen pudelwohl und kann das Rad von den ersten Metern an präzise auf dem Trail platzieren. Eins wird jedoch bereits nach wenigen Metern mehr als klar: Das Giant Reign Advanced Pro 29 0 ist kein Sofa! 146 mm Federweg fühlen sich nun mal nicht nach 170 mm an und der Hinterbau gibt sich auch keine große Mühe, dem Fahrer durch eine übermäßig große Federwegsausnutzung etwas vorzugaukeln. Auf Natur-Strecken mit eher lockerem Boden macht dies das Reign zu einer echten Trailfräse. Das Fahrwerk ist sensibel genug, um ausreichende Mengen an Grip bereitzustellen, bietet jedoch massig Gegenhalt und fördert so eine mehr als aktive Fahrweise, die gerne auch ein paar Prozent über dem Limit liegen darf. Kurve fräsen, vorm nächsten Wurzelfeld abziehen, landen, anflicken, nächste Kurve fräsen – der Mix aus straffem, aber gut vorhersehbarem Fahrwerk sowie ausgewogener Geometrie und Wendigkeit macht das Giant Reign 29 zum König jedes Hometrails.


Die meisten Enduro-Rennstrecken bestehen jedoch (leider) nicht nur aus frischem Loam-Boden und Fichtenslalom, sondern meist aus mit Steinen und Wurzeln durchsetztem Hardpack-Boden. Hier sollte man sein Heil vor allem in der Flucht nach vorne suchen. Solange die Geschwindigkeit hoch ist, arbeitet der Hinterbau zwar zuverlässig, aber eher geizig – auf den einen oder anderen Schlag in den Fußsohlen sollte man sich einstellen. Stumpf reinballern und das Beste hoffen ist nicht die Lieblingsdisziplin des Giant Reign. Stattdessen sollte man die Stärken nutzen, grobe Sektionen möglichst überspringen und sich eine schöne Linie in die nächste Kurve suchen. Das Fahrwerk schluckt auch harte Landungen, schlägt kaum durch und klebt bei ausreichend Gegenhalt gut auf dem Boden. Erst wenn der Trail extrem verblockt und die Geschwindigkeit eher langsam wird, kann der Hinterbau nicht mehr ganz mithalten und reicht nicht nur Schläge an den Fahrer weiter, sondern verliert auch etwas den Grip am Heck. Insgesamt fühlt sich das Giant Reign Advanced Pro 29 0 dadurch eher an wie ein Trailbike auf Steroiden als ein plüschiger Enduro-Bolide.


Im Vergleich
Mit seinem Anspruch, ein Enduro-Racebike zu sein, kann man das Giant Reign Advanced Pro 29 0 gut mit dem kürzlich vorgestellten Trek Slash 9.9 vergleichen. Beide Räder spielen in einer ähnlichen Preisliga, allerdings ist das etwas günstigere Giant mit hochwertigeren Marken-Produkten ausgestattet und wesentlich leichter – verzichtet jedoch auf einen Stauraum im Rahmen oder einen Flipchip. Die Charakteristiken der Bikes könnten kaum unterschiedlicher sein. Mit seinen 170/160 mm Federweg ist das Trek um einiges verzeihender und einfacher zu beherrschen, muss allerdings Abstriche in Sachen Wendigkeit machen. Für anspruchsvollere Enduro-Rennen würden wir ohne Frage zum Slash greifen, wollen wir hingegen auf waldigen Hometrails Bestzeiten einfahren, wäre das aktive und wendige Giant unsere erste Wahl.
Etwas ähnlicher sind sich das Giant Reign 29 und das Cube Stereo 150. Beide Räder bieten straffe Fox-Fahrwerke und wollen eher mit viel Popp als mit Komfort begeistern. Das Giant glänzt mit dem ausbalancierteren Fahrwerk und motiviert eher dazu, es am oder über dem Limit zu bewegen, während das Cube lieber etwas Tempo rausnimmt, dafür zu spaßigen Spielereien einlädt und deutlich günstiger ist.


Das ist uns aufgefallen
- Leitungsführung Die Kabel werden nicht im Inneren des Rahmens geführt und können leicht klappern – insgesamt hielt sich die Geräuschkulisse jedoch in Grenzen. Allerdings wurde das auf der Oberseite der unteren Umlenkwippe geführte Schaltkabel an dieser Stelle ziemlich von der Kette in Mitleidenschaft gezogen. Hier würden wir etwas Tape über die Hülle kleben, um diese besser zu schützen.
- 146 mm Federweg Das Giant Reign 29 will ein Enduro-Racebike sein. Nach unserem Test würden wir es eher als gelungenen Allrounder bezeichnen – unsere erste Wahl für hochalpine, ruppige EWS-Stages wäre das straffe Gefährt nicht. Das liegt nicht nur daran, dass 146 mm nun mal weniger als 160 oder 170 mm sind, sondern auch daran, dass der Hinterbau allgemein sehr straff abgestimmt ist. Eine eher offene Druckstufe, schneller Rebound und satte 30 % Sag können etwas helfen, ändern jedoch nichts am grundsätzlichen Charakter des Bikes.
- Größen-Sprünge Zwischen S und M liegen 27 mm, zwischen L und XL 23 mm – warum liegen zwischen den Reach-Werten von M und L, den beiden wohl meist genutzten Größen, dann ganze 38 mm? Der durchschnittliche deutsche Mann ist 180 cm groß (wir haben keinen Wert für ganz Europa gefunden) und damit haargenau auf der Grenze zwischen diesen beiden sehr weit auseinander liegenden Größen. Hier fehlt unserer Meinung nach eine weitere Rahmengröße, die wohl den Großteil der Interessenten bedienen könnte.
- Haltbarkeit Wir sind das Giant Reign Advanced Pro 29 0 mehrere Wochen lang auf unseren Hometrails und im Park gefahren und hatten keinerlei Defekte zu beklagen. Lediglich der Steuersatz neigt dazu, recht schnell zu knarzen und muss dann zerlegt und gesäubert werden. Die Carbon-Felgen mussten einige heftige Schläge einstecken, die man ihnen teilweise auch ansieht, zeigten allerdings keine Schwächen.
- Steifigkeit Diese liegt beim Reign 29 definitiv höher als bei anderen Modellen der Taiwanesen. Dazu kommen die Carbon-Felgen, der Carbon-Lenker und das wie immer straffe, gedämpfte Fox-Fahrwerk. Dadurch hatten wir auf längeren Abfahrten recht deutliche Ermüdungserscheinungen und schmerzende Hände. Ein weicherer Lenker und gegebenenfalls Alu-Laufräder könnten Abhilfe verschaffen.
- Stahlfeder-Dämpfer Das Nachfolge-Modell ist mit einem Stahlfeder-Dämpfer ausgerüstet. Ohne diesen getestet zu haben, können wir uns gut vorstellen, dass er dem Reign 29 etwas mehr Sensibilität verschafft und den Renncharakter des Bikes verstärkt. Der Hinterbau fühlt sich mit Luftdämpfer definitiv progressiv genug an.


Fazit – Giant Reign Advanced Pro 29 0
Mit dem neuen Reign 29 präsentiert Giant einen Allrounder, der wohl für so manchen Hometrail das perfekte Allzweck-Gerät sein könnte. Bergauf lässt das leichte Carbon-Geschoss sogar Trailbikes hinter sich, gleichzeitig muss man sich aber nicht vor der Abfahrt fürchten. Auf eher technischen, engen Trails glänzt das Giant Reign 29 mit seinem aktiven und ausbalancierten Fahrverhalten und zaubert dem Fahrer so ein Grinsen ins Gesicht. Wird es extrem ruppig, sollte man sein Heil in der Geschwindigkeit suchen, denn solange diese sehr hoch ist, arbeitet der Hinterbau gut mit und nimmt den gröbsten Schlägen ihre Spitzen. Erst in verblocktem Gelände präsentiert sich das straffe Enduro-Bike als etwas überfordert und muss seinem Mangel an Federweg Tribut zollen.
- geringes Gewicht
- sehr antriebsneutraler Hinterbau
- angenehme Sitzposition
- straffes und schnelles Fahrwerk
- will gerne am Limit bewegt werden
- große Sprünge zwischen Größen
- kein Sofa

Was sagt ihr zum neuen Giant Reign 29?
Testablauf
Wir sind das Giant Reign 29 im Verlauf mehrerer Monate im deutschen Mittelgebirge gefahren. Ein Großteil der Kilometer wurde selbst erarbeitet, wir sind jedoch auch einige Tage im Bikepark gefahren.
Hier haben wir das Giant Reign Advanced Pro 29 0 getestet
- Thüringer Wald: Meist enge, technisch anspruchsvolle Naturtrails mit nur wenigen gebauten Segmenten. Wendigkeit und Grip sind hier ebenso gefragt wie Laufruhe.
- Steinach Silbersattel: Ein kleiner Bikepark mit einigen extrem wurzeligen, verblockten Strecken, die ein Enduro-Bike durchaus fordern können.
- Bikepark Schladming: Typische Bikepark-Strecken mit schottrigem Untergrund. Hohe Kurven und entsprechende Geschwindigkeiten sowie Bremswellen sind keine Seltenheit.
Körpergröße | 183 cm |
Schrittlänge | 85,5 cm |
Oberkörperlänge | 60 cm |
Armlänge | 61 cm |
Gewicht | 76 kg |
- Fahrstil
- verspielt
- Ich fahre hauptsächlich
- Downhill, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- unauffällig, eher progressiv, wenig Druckstufe
- Vorlieben bei der Geometrie
- ausgewogen, nicht zu lang, Lenkwinkel nicht zu flach