
Brandon Semenuk hat es geschafft: Der kanadische Alleskönner hat zum zweiten Mal die Red Bull Rampage gewonnen. Auf Rang 2 fährt der Franzose Antoine Bizet, der sich mit dem ersten Doppel-Backflip in einem Rampage-Event in die Geschichtsbücher einträgt. Dritter wird, für einige überraschend, der US-Amerikaner Carson Storch, der mit einem blitzsauberen 360-Drop im schwierigen oberen Teil Höchstpunktzahlen einheimst.
Acht Jahre nach seinem ersten Sieg 2008 katapultiert sich der Ausnahme-Athlet Semenuk also in den erlesenen Club der Rampage-Doppelsieger – zusammen mit Kurt Sorge und Kyle Strait. Die Rampage 2016 war geprägt von – abermals – vielen Windpausen im zweiten Durchgang, extrem steilen Abfahrten und sehr schmalen Landungen, Canyon Gap-Mutproben oder Holzdrops fehlten gänzlich und minimierten das Risiko so für das Fahrerfeld ein wenig.
Einen schlimmen Sturz gab es dennoch – Graham “Aggy” Agassiz blieb bei einem hohen 360 Drop in der Drehung an einer Kante hängen, fiel hart zu Boden und überschlug sich mehrfach – er soll sich das Becken gebrochen haben und wird mehrere Wochen pausieren müssen. Gute Besserung, Aggy! Auch Cam Zink und Conor Mcfarlane, der eh schon sehr gezeichnet in den Wettkampf ging, stürzten. Bei Kyle Strait, der weiterhin seit Beginn an jeder Rampage teilgenommen hat, stürzte leider im unteren Teil und verpasst so einen Fabellauf, der definitiv Siegchancen gehabt hätte.
Steffi Marth ist für uns vor Ort und hat uns erneut eine tolle Story mitgebracht.
Das Finale: „Lets change history again in Mountainbiking!“
…das waren die Eröffnungsworte von Rampage-Organisator Todd Barber an die Fahrer. Bei der kurzen Warmup-Session am frühen Morgen hörte man sie in ihre Helme hineinfluchen. Verdammter Wind! Wenn man 10-15 m mehr oder weniger freien Fall überstehen muss, um auf einer schmalen Landung die Reifen präzise aufzusetzen, ist Wind der größte Feind – nach Angst und Respekt. Keiner wollte aber noch länger diese Anspannung und Nervosität aushalten. Bei der Fahrerbesprechung waren alle in sich gekehrt. Man schaute in blasse, regungslose Gesichter. Es war die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm.
Nach dem Unfall von Paul Basagoitia letztes Jahr und dem tragischen Tod von Kelly McGarry ist die Freeride-Gemeinde auch etwas enger zusammen gerückt. Es gab viele Diskussionen über das neue Rampage-Gelände und die Sicherheit. Jeder wusste um die großen Gefahren und als Zuschauer hatte man mächtig Respekt vor der Leistung der Fahrer, aber auch ein mulmiges Gefühl und ein wenig Angst, dass etwas schief gehen könnte. Aber zu großen Sportveranstaltungen gehören auch große Emotionen und so machten sich die Fahrer auf den Weg zum windigen Berggipfel.
Der erste Lauf war absolut atemberaubend. „Three, two, one: Rider on course“ schallte es am laufenden Band aus einem Funkgerät in die ganze Rampage-Arena. Von ganz unten kann man die Fahrer fast nur an ihrem riesigen Staub-Schweif erkennen, der sich im Sonnenlicht reflektiert. Wenn man nicht dort oben gestanden hat, kann man sich nicht vorstellen, wie unwirklich die Szenerie ist. Ein kleiner Fahrfehler kann im schlimmsten Fall in einem 50m tiefen Klippen-Absturz enden, das Adrenalin muss den Fahrern fast zu den Ohren rauskommen. Aber wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum sie sowas Verrücktes machen. Das Stresshormon ist ihre Droge.

Einer nach dem anderen bringt einen besseren oder schlechteren Lauf hinunter. Heraus sticht natürlich Brandon Semenuk mit seiner sicheren Fahrweise auf einer der schwersten Linien des Berges. Dazu kommen noch die sauberen Tricks: Flatspin 360, Flat drop Backflip und Backflip one-footed Can Can. Die einzigen, die trickmäßig mithalten können, sind Antoine Bizet mit seinem Doppelbackflip auf dem Downhill-Bike – unnormal – und Carson Storch, der alle mit einem sauberen 360er von einem der größten Drops des Events überrascht. Auf der anderen Bergflanke läuft es dann nicht so flüssig: Graham Agassiz versucht auch den 360 vom massiven Drop und wird dabei, durch Wind oder/und Fahrfehler, neben die Landung getragen und schlägt dort voll ein. Der Aufprall stockt allen den Atem. Er wird ins Krankenhaus gebracht – Diagnose Beckenbruch. Kurz nach Aggys Megacrash zieht auch Cam Zink einen 360er von seinem größten Drop und überdreht. Er prallt hart auf, steht aber wie durch ein Wunder sofort wieder auf. Der zweite Lauf bringt dann wie so oft nicht mehr viele Überraschungen, das Podium steht fest.

Nach Gesprächen mit den Fahrern kann man beruhigt sagen, dass die Jungs nicht gestört oder lebensmüde sind: Sie haben ihren Lauf tagelang durchdacht, geshaped und ausprobiert. Antoine Bizet verrät, dass er zu keiner Zeit über sein Limit hinaus gegangen sei und den Doppelbackflip sowieso virtuos beherrscht. Remy Metailler gibt uns eine Shuttle-Fahrt zum Parkplatz und erzählt uns, dass er eigentlich gerne hier bleiben würd, um noch ein paar Mal runterzufahren. Pierre Edouard Ferry war seine Platzierung egal, er wollte einfach nur unter die Top 10 kommen, um im nächsten Jahr bei seinem Lieblings-Event im Jahr unbedingt wieder dabei sein zu können. Ich denke, dass man ruhigen Gewissens sagen kann, dass Mountainbiken mal wieder ein bisschen besser gemacht wurde. Fragt sich nur, wie im nächsten Jahr die Steigerung aussehen soll.
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