Sour Crumble im Test: Aus Dresden kommt die kleine Firma Sour Bicycles, die sich Hardtails aus Stahl verschrieben und mit viel Liebe Modelle für den Trail-, Gravel- und Bikepacking-Einsatz ausgefuchst hat. Wir haben das 29″-Hardtail Crumble getestet, das genau wie Omas Apple Crumble zu jeder Gelegenheit hervorragend passen soll.
Steckbrief: Sour Crumble
Einsatzbereich | All-Mountain |
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Federweg | 130 mm (vorn) |
Laufradgröße | 27.5ʺ, 29ʺ |
Rahmenmaterial | Stahl |
Gewicht (o. Pedale) | 11,5 kg |
Rahmengrößen | S27.5, M27.5, M29, L29, XL29 |
Website | sour.bike |
„Das Crumble ist ein modernes Trailbike. Optimiert für 130 mm Federgabeln und mit interner Kabelführung ist es perfekt für alle kurzen wie langen Tage in der Natur. Wir machen hier keine allzu großen Experimente. Genau wie bei deinem Lieblingskuchen.“ – so einfach beschreibt Sour Bicycles sein Stahlhardtail für den Trail- und All-Mountain-Einsatz. Im Detail bietet es dann aber weit mehr als eine interne Kabelführung und 130 mm Federweg; nämlich auch noch eine moderne, lange Geometrie sowie alle Vorzüge eines Stahlrahmens: also viel Reifenfreiheit, eine angenehme Steifigkeit und natürlich den puristischen Look. Wir haben das schicke und wandelbare Trailbike vier Monate lang in verschiedensten Einsatzgebieten von Trail bis Tour gründlich getestet.
Geometrie
Sour hat sich für ein Scaled Sizing entschieden. Soll heißen: Größe S gibt es ausschließlich mit 27,5″-Laufrädern, die Größen L und XL mit 29″. Wer wie wir Größe M fährt, der kann sich für eine der Laufradgrößen entscheiden. Wir fuhren die Variante mit 29″ und landeten damit auf einem relativ langen Bike: Der Radstand misst stattliche 1,18 m. Das liegt weniger am moderaten Lenkwinkel von 67°, sondern vielmehr am stattlichen Reach der in Größe M 453 mm beträgt. Wer auf ein L oder XL setzt, erhält sogar 470 bzw. 484 mm Reach. Das Ganze wird kombiniert mit einem eher kurzen Heck, das je nach Laufradgröße bei 425 oder 430 mm landet. Die kurzen Steuerrohre erlauben es, die individuelle Vorliebe nach einer tiefen Front auszuleben oder eben einen Riser zu montieren. Zur Referenz: Ein Nicolai Argon GLF-Enduro-Hardtail setzt auf einen sehr ähnlichen Reach, wird aber dann durch einen viel flacheren Lenkwinkel stark in Richtung Abfahrt getrimmt. Ähnliches gilt für das Last Fastforward. Im Vergleich zu diesen beiden soll das Crumble aber auch ein stärkerer Allrounder sein – wir werden sehen, wie gut das gelingt.
Rahmengröße | S 27,5" | M 27,5" | M 29" | L 29" | XL 29" |
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Sitzrohrlänge | 370 mm | 410 mm | 410 mm | 450 mm | 510 mm |
Oberrohrlänge (hr.) | 590 mm | 610 mm | 610 mm | 630 mm | 650 mm |
Steuerrohrlänge | 95 mm | 100 mm | 100 mm | 105 mm | 110 mm |
Lenkwinkel | 67° | 67° | 67° | 67° | 67° |
Sitzwinkel | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° | 73,5° |
Kettenstrebenlänge | 425 mm | 425 mm | 430 mm | 430 mm | 430 mm |
Tretlagerabsenkung | 48 mm | 48 mm | 65 mm | 65 mm | 65 mm |
Radstand | 1161 mm | 1170 mm | 1183 mm | 1201 mm | 1218 mm |
Reach | 450 mm | 465,6 mm | 453,2 mm | 470 mm | 484 mm |
Stack | 598 mm | 602,5 mm | 630 mm | 634,5 mm | 639,1 mm |
Ausstattung
Sour bietet das Crumble derzeit noch nicht als Komplettrad an, unterstützt aber gern beim Aufbau und der Wahl der passenden Komponenten. Wir fuhren das Bike so, wie die Dresdner es auch empfehlen würden – und konnten dabei auch auf viele regionale Komponenten zurückgreifen. So finden sich beispielsweise jede Menge leichte Carbonteile von Beast Components am Rad, die Laufräder hat zudem kein geringerer als Felix von Light-Wolf eingespeicht. Abgerundet wird das Bike durch eine Fox Transfer-Stütze sowie 34-Federgabel, einen Shimano XT-Antrieb und weitere Feinheiten von SQLab und Terravail. Der Aufbau wurde mit viel Liebe vorgenommen: Das zeigt sich an der aufgeräumten Zugverlegung und dem präzise modellierten Kettenstrebenschutz. Zusätzlich ist der ganze Rahmen in dezente Schutzfolien gehüllt.
Sour Bicycles ruft für den Crumble-Rahmen 749 € auf. In der Optionsliste steht eine Sonderlackierung für 50–100 €. Wer den Aufbau beschleunigen will, kann die hier ebenfalls getestete Fox 34-Gabel und Transfer-Stütze für 1100 € Aufpreis erstehen. Unser Testbike wurde in der folgenden, von Sour empfohlenen Konfiguration geliefert:
- Federgabel Fox 34 FIT4 Factory (130 mm)
- Antrieb Shimano XT 1×12
- Bremsen Magura MT Sport
- Laufräder Beast ED30-Felgen / Aivee MP6-Naben
- Reifen Terravail Honcho
- Cockpit Beast MTB Riser 15 (780 mm) / Beast MTB Stem (60 mm)
- Sattelstütze Fox Transfer Factory (150 mm)
Sour Crumble Custom | |
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Federgabel | Fox 34 Factory FIT4 Kashima |
Schaltwerk | Shimano Deore XT 11-fach |
Schalthebel | Shimano Deore XT |
Kurbeln | Shimano Deore XT 175 mm |
Kassette | Shimano XT 12-fach 10-51 Zähne |
Kette | SRAM NX Eagle |
Innenlager | Shimano Deore XT 68/73 BSA |
Bremsen | Magura MT Trail Sport 200 / 180 mm |
Steuersatz | Acros External Cup |
Lenker | Beast MTB Riser 15 Carbon UD |
Vorbau | Beast MTB Stem Carbon |
Griffe | SQ Lab 70X Griffe |
Naben | Aivee MP6 |
Felgen | Beast ED30 Carbon UD |
Reifen | Terravail Honcho 29" x 2,4" TR |
Sattelstütze | Fox Transfer 150 mm |
Sattel | SQLab 611 Ergowave |
Preis (UVP) | Custom Aufbau, Rahmenpreis: 749 € |
Im Detail
Das offensichtlichste Highlight des Rahmens ist natürlich die Farbe. Das ist auch kein Zufall, denn auf den konifizierten Stahlrohren des Rahmens findet sich so manche Lage, die ihren Teil dazu beiträgt: Der Rahmen wird zunächst kathodisch tauchlackiert, was ihm einen sehr guten Rostschutz gibt – und zwar innen und außen. Obendrauf kommt in unserem Fall dann vor Ort in Dresden eine transluzente, türkisblaue Pulverbeschichtung. Und um dem Ganzen noch etwas mehr Tiefe zu verleihen, kommt on top eine klare Pulverbeschichtung.
Doch auch ansonsten geizt der Rahmen des Sour Crumble nicht mit schönen Lösungen: Das Yoke macht Platz für dicke Reifen und bildet gleichzeitig die Kettenführungsaufnahme. Garniert wird das Ganze mit einer motivierenden Einfräsung: „YEAH!“ steht stolz hinter dem Kettenblatt und erinnert daran, nicht alles zu ernst zu nehmen. Ansonsten beeindruckt die clevere Nutzung von Rohren, etwa als Bremsaufnahme. So schlüssig und einfach haben wir das selten gelöst gesehen.
Technische Daten
Alle technischen Daten, Details und Standards des Sour Crumble findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:
Hinterbau Einbaumaß | 148 mm x 12 mm |
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Maximale Reifenfreiheit Hinterbau | 650b/29" x 2,4" |
Steuerrohr-Durchmesser | 34 mm / 44 mm |
Optimiert für Gabelfederweg | 130 mm |
Tretlager | BSA, 73 mm |
Kettenführungsaufnahme | ISCG05 |
Umwerferaufnahme | nein |
Bremsaufnahme | Post Mount, 6" (160 mm Scheibe ohne Adapter fahrbar) |
Maximale Bremsscheibengröße | 203 mm |
Sattelrohrdurchmesser | 31,6 mm |
Sattelklemmendurchmesser | 34,9 mm |
Kompatibel mit Stealth-Variostützen? | Ja |
Flaschenhalteraufnahme | Ja |
Gewicht Rahmen | 2550 g |
Auf dem Trail
Nachdem wir die Feinheiten des Rahmens und der Ausstattung ausreichend bewundert haben – Verarbeitung und Aufbau sind wie gesagt absolut detailverliebt und schön gemacht – geht’s rauf aufs Rad. Da an einem Hardtail weniger einzustellen ist als am Fully, geht es zügig los. Bereits beim Handling des Bikes und dem ersten Aufsitzen wird klar, dass das Sour Crumble ganz schön Format hat: Es ist recht lang und die Front recht hoch, dazu die 2,4″-Reifen auf breiten Felgen – alles versprüht Selbstbewusstsein. Auf den ersten Tritt fühlt sich die Sitzposition nicht nach Kraftwerk an, was wohl primär an der eher hohen Front liegt – doch Fakt ist, dass man gut vom Fleck kommt. Das gilt für die Beschleunigung, bei der die leichten Laufräder sicher kräftig helfen, aber auch für die Konstantfahrt, bei der Geschwindigkeit gut beibehalten wird.
Das Gesamtsystem aus Stahlrahmen, voluminösen Reifen und angenehmem Sattel verleiht dem Hardtail eine gute Portion Komfort. Gleichzeitig bedeutet keine Federung am Heck natürlich dennoch direktes Feedback, gerade wenn man sonst viel Fully fährt. In Summe liefert das Hardtail hier aber wenig Entbehrung und viel Speed – nur auf sehr wurzeligen Anstiegen lässt sich das Crumble aus der Ruhe bringen und fordert den Fahrer. Das lange Frontcenter sorgt trotz vergleichsweise hoher Front dafür, dass das Vorderrad nicht zu früh steigt und auch heftige Steilpassagen gut zu erklimmen sind. Noch besser ginge das, wenn der Sitzwinkel noch ein kleines bisschen steiler wäre. Geht man aus dem Sattel, spürt man den relativ hohen Stack. Doch da das Crumble ja kein XC-Bike sein will, halten wir einfach fest: Mit ein wenig Ruhe lässt es sich effizient und beinahe grenzenlos klettern.
So effizient, dass wir das Crumble auch mal für eine längere Ausfahrt verwendet haben: an zwei Tagen von München nach St. Moritz, über Singletrails aber auch viel Asphalt und Schotterstraße – kein größeres Problem! Sowohl was die Übersetzung, als auch den Kompromiss der Reifen hinsichtlich Rollwiderstand und Grip angeht.
Die wichtigste Frage ist aber ja: Wie schmeckt der Apfelkuchen? Soll heißen: Wie viel Spaß hat man auf dem Trail? Hier lässt sich viel Gutes berichten. Das Crumble liegt stabil, der große Radstand und die mit wenig Druck fahrbaren Reifen sorgen für viel Sicherheit. Ja, der Lenkwinkel ist nicht übertrieben flach, sondern mit 67° am Hardtail eigentlich ziemlich moderat gewählt. Dadurch zirkelt es sich bergauf präzise und mühelos. Bergab lässt es sich ordentlich heizen, erst in wirklich steilem Gelände wünscht man sich eine noch längere Gabel und einen noch flacheren Lenkwinkel. In ganz stark verblocktem, langsamem Geläuf muss man ein wenig auf seine Kurbelenden und das Kettenblatt aufpassen – doch sobald man etwas Geschwindigkeit im Gepäck hat, fliegt man sauber über Hindernisse drüber. Seine Vielseitigkeit beweist das Crumble dann beim Spielen mit Rampen und Sprüngen – auch hier zeigt es sich sehr solide und präzise.
Beim kurzen Ausflug in den Bikepark hätte man sich sicher einen noch flacheren Lenkwinkel und eine längere Gabel wünschen können. Doch in Summe wird man auch hier nicht erschreckt. Die Front ist hoch, die Räder groß, das Tretlager tief – so bringt einen nichts aus der Ruhe. Dafür, dass man mit dem gleichen Bike auch problemlos lange Strecken unter die Räder nehmen kann, ist das ein wirklich sehr guter Kompromiss.
Das ist uns aufgefallen
- Beast-Lenker Fast ein wenig zu steif und mit filigraner Wandstärke etwas empfindlich für ein so robustes Bike.
- SQLab-Sattel Passte auf Anhieb und verwöhnte mit hohem Sitzkomfort.
- Fox Transfer-Sattelstütze Machte einen wirklich leichtgängigen, sorglosen Eindruck.
- Zugführung Leise und unauffällig, aber beim Übergang von Unterrohr zu Sitzrohr mit einem etwas starken Knick.
- Reifenfreiheit Gibt’s massig!
Fazit – Sour Crumble
Streusel gehen immer! Sour Bicycles hat uns ein 29"-Stahl-Hardtail in die Redaktion gestellt, mit dem man überall eine gute Figur macht: Vom Alpencross bis zum Dirtjump ist tatsächlich alles drin. Die Geometrie des Sour Crumble gibt Sicherheit, ohne sich zu sehr auf einen einzigen Zweck einzuschießen. Gemeinsam mit den vielen schönen Details hat es so das Zeug zum Klassiker.
- Souveräne, alltagstaugliche Geometrie
- Liebevolle Details
- Leichter, aber solider Aufbau
- Hoher Stack macht kein Rennpferd
Testablauf
Wir waren insgesamt vier Monate mit dem Crumble unterwegs – es wurde uns von Sour Bicycles zur Verfügung gestellt und inzwischen wieder zurückgegeben.
Hier haben wir das Sour Crumble getestet
- St. Moritz: Alpine Singletrails von flowig bis technisch
- Lermoos & Blindsee-Trail: schnell, schottrig, kurvig
- Isar-Trails: Einfach und tretintensiv
Körpergröße | 177 cm |
Schrittlänge | 82 cm |
Oberkörperlänge | 63 cm |
Armlänge | 65 cm |
Gewicht | 70 kg |
- Fahrstil
- verspielt, sauber und mit vielen Drifts
- Ich fahre hauptsächlich
- Trail, Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- Die richtige Mischung aus Komfort und Popp macht’s
- Vorlieben bei der Geometrie
- Relativ niedrig, relativ lang
Wäre ein Stahl-Hardtail wie das Crumble etwas für dich?
Der Beitrag Sour Crumble im Test: Macht saurer Streuselkuchen lustig?! erschien zuerst auf MTB-News.de.