Troy Brosnan ist vor wenigen Wochen 23 Jahre jung geworden und hat trotzdem schon fast alles erreicht, was man als Weltcup-Downhiller erreichen kann. Der erste Profivertrag mit 16 Jahren, direkt im Team mit Sam Hill und Brendan Fairclough, Juniorenweltmeister in 2010 und 2011, erster Elite-Weltcupsieg in Fort William mit gerade einmal 20 Jahren – die Vita des jungen Australiers ist ähnlich beeindruckend wie das abgefahrene S-Works Specialized Demo 8 in der Space Galaxy-Edition. Wir haben das Arbeitsgerät von Troy Brosnan näher unter die Lupe genommen.
Seit dem Beginn seiner internationalen Karriere ist Troy Brosnan auf einem Specialized Demo unterwegs. Aktuell fährt er auf einem S-Works Demo 8 Carbon in Größe M, das mit Ausnahme der Umlenkwippe – dazu später mehr – der Serienversion entspricht. Ein heiß diskutiertes Thema war mit Sicherheit die abgefahrene Space Galaxy-Lackierung des Demos, auf dem Troy erstmals beim Weltcup in der Lenzerheide unterwegs war. “Specialized hat mit mir vor der Saison besprochen, was für Lackierungen und Outfits cool wären. Jetzt hab ich ein Rad im Galaxy-Design und auf dem Trikot sind meine Hunde, denen Laserstrahlen aus den Augen schießen! Alles ist aufeinander abgestimmt: Der Rahmen, Trikot und Hose, Helm, sogar die Schuhe. Dass Specialized mir das ermöglicht, ist für mich eine tolle Sache – sowas können nicht viele Firmen anbieten. Außerdem macht es natürlich immer Spaß, die Reaktionen auf die neuen Designs zu sehen!”
Rahmen und Geometrie
Als langjähriger Specialized-Teamfahrer hat Troy Brosnan nahezu alle Evolutionsstufen des Demos miterlebt – vom klobigen Freeride-Rahmen, der von vielen fälschlicherweise als unweltcupgewinnbar abgestempelt wurde, bis hin zur asymmetrischen Carbon-Rennmaschine, auf der Troy aktuell unterwegs ist. “Die Entwicklung des Demos zu sehen ist schon abgefahren. Es hat sich definitiv stark verändert – meiner Meinung nach auf eine sehr gute Art und Weise. Mein aktuelles Demo ist ehrlich gesagt nicht gerade leicht zu fahren. Wenn man sich aber mal dran gewöhnt hat, ist es ein extrem schnelles Bike!”
Troy ist mit 1,70 m vergleichsweise klein gewachsen und seit jeher auf einem Specialized Demo in Größe M unterwegs. Das Team habe zwar in der vergangenen Saison einige Tests mit größeren Rahmen durchgeführt, allerdings seit M für Troy die optimale Größe. “Das Demo in L hat sich für mich einfach ein Stück zu groß angefühlt. Ich lege sehr viel Wert auf die Lenkerhöhe und die Sattelposition. So fühlt sich das Demo in M für mich optimal an”, berichtet Troy. Der Medium-Rahmen hat einen Reach von 420 mm, der Lenkwinkel variiert je nach Strecke. Das Gesamtgewicht des aktuellen Bikes konnte nicht genannt werden – nicht, weil es ein Geheimnis wäre, sondern weil das Gewicht für das Team nicht sonderlich relevant ist. “Klar wollen wir ein leichtes Bike haben, aber es hat für uns nicht die höchste Priorität, einen superleichten Aufbau zu haben”, erklärt Aaron. “Für Troy gibt es wichtigere Aspekte als das Gesamtgewicht und für mich ebenfalls. Wir sind in der Hinsicht ziemlich stressfrei.”
Ganz und gar nicht unwichtig ist für Troy die passende Geometrie und vor allem die passende Lenkerhöhe. In den letzten Wochen hat das Team viel mit dem passenden Lenkwinkel rumexperimentiert. Dieser liegt standardmäßig bei 63,5° – in letzter Zeit wurde der Lenkwinkel am Specialized Demo von Troy Brosnan aber tendenziell flacher. “Das Rad fühlt sich dadurch stabiler und sicherer an. Aktuell fahre ich einen Lenkwinkel von 63° und brauche definitiv noch ein bisschen Zeit, um hier das Maximum rauszuholen”, berichtet Troy. Das Ziel sei es, trotz Veränderungen und Anpassungen für das jeweilige Gefälle der Strecke eine identische Lenkerhöhe zu haben. Deshalb experimentiert das Team vor allem mit Spacern unter der oberen Gabelkrone – entweder 2 mm oder 7 mm dick – herum und variiert den Lenkwinke vor allem durch die Höhe der unteren Gabelkrone. “Generell versuche ich, aus meinem Setup das absolute Maximum rauszuholen, bevor ich gravierende Veränderungen vornehme.”
Fahrwerk und Setup
Ebenso lang, wie Troy Brosnan mittlerweile für Specialized fährt, ist er auch auf einem RockShox-Fahrwerk unterwegs. An der Front seines Demos befindet sich eine RockShox Boxxer World Cup, die Dienste hinten übernimmt ein RockShox Vivid Air. Mit 65 kg zählt Troy zu den Fliegengewichten im Weltcup-Zirkus, stimmt sein Fahrwerk aber dennoch generell hart ab. Das Setup des Demos variiert allerdings von Strecke zu Strecke recht stark.
Um für jede Rennstrecke die optimale Abstimmung zu finden, haben Troy und sein Mechaniker Aaron einen relativ altmodischen, aber effektiven Ansatz. In einem klassischen Notizbuch werden für jedes Rennen und jede Testsession alle relevanten Parameter notiert. “Wir notieren jedes Mal, wie mein Demo am Renntag eingestellt war. Wenn wir dann im nächsten Jahr auf dieselbe Strecke zurückkehren, fahre ich in der ersten Trainingsfahrt direkt das Setup aus meinem Rennlauf im letzten Jahr”, erklärt Troy den Ansatz. “Natürlich brauche ich dann zwei, drei Abfahrten, um mich an das ziemlich straffe Setup zu gewöhnen – ich fahre schließlich bei der ersten Trainingsfahrt nicht so schnell wie in meinem Rennlauf im Jahr zuvor. Mit steigender Geschwindigkeit merke ich dann aber, dass es funktioniert. Das Vertrauen in den Ansatz ist sehr wichtig. Du musst dich einfach drauf einlassen. Dann funktioniert es auch gut!” Sofern die Bedingungen zum Vorjahr ähnlich sind, macht das Team dann keine großen Veränderungen mehr. Aaron erklärt: “Dieses Jahr in der Lenzerheide fahren wir minimal weniger Luftdruck in der Gabel. Ansonsten ist das Setup identisch. Die Strecke und die Bedingungen sind sehr ähnlich zum Vorjahr. Es ist etwas ausgefahrener als 2015 – deshalb auch die etwas softere Gabel. Ansonsten ist aber alles gleich.”
In der luftgefederten RockShox Boxxer Air fährt Troy – je nach Strecke – einen Luftdruck zwischen 65 psi und 85 psi. Auch Druck- und Zugstufe der Federgabel sind stark abhängig von der Strecke, die auf dem Programm steht. Das Shimstack im Inneren der Charger-Kartusche bleibt in der Regel von Rennen zu Rennen unverändert. “Am Rennwochende verändere ich in der Gabel vor allem den Luftdruck. Wenn ich merke, dass mir die Gabel auf einer Abfahrt zu oft durchschlägt, erhöhe ich den Luftdruck in 5 psi-Schritten. Auch die Druckstufe passen wir gegebenenfalls an”, gibt Troy Einblicke in das Innenleben seiner Boxxer. Die genauen Zahlen bleiben allerdings ein gut gehütetes Geheimnis.
Im RockShox Vivid Air-Luftdämpfer fährt Troy je nach Strecke einen Luftdruck zwischen 160 psi und 180 psi. Der Rebound wird von Rennen zu Rennen angepasst, auf eine Einstellung der Druckstufe verzichtet Troy komplett: Zero Compression. Weil er ein sehr leichter Fahrer ist, könne man die Druckstufe durchaus auf diese Art und Weise einstellen, erklärt Aaron. Neben dem Luftdruck im Dämpfer sind dementsprechend die Anzahl der Volumenspacer und der Tune des Dämpfers entscheidend. “Wir haben ein paar verschiedene Vivid Air-Dämpfer mit unterschiedlichem Tune. Normalerweise wissen wir, welchen Tune wir für welche Strecke verwenden müssen.” Außerdem fährt Troy generell sehr viele Volumenspacer in seinem Dämpfer. Dadurch wird dieser sehr progressiv.
Generell ist ein progressives Ansprechverhalten des Dämpfers für das Team sehr wichtig. Auch deshalb fährt Troy Brosnan in seinem Specialized Demo eine Umlenkwippe, die speziell für ihn und die benachbarte Specialized Gravity Republic angefertigt wird. Das Team war bereits letzte Saison auf einer Maßanfertigung unterwegs – seit diesem Jahr wird im Demo allerdings eine Umlenkwippe, die den Dämpfer noch progressiver macht, als es vorher der Fall war. “Bei Downhill-Weltcups und der Geschwindigkeit, mit der wir unterwegs sind, ist es für uns Fahrer extrem wichtig, einen möglichst progressiven Hinterbau zu haben. Die neue Umlenkwippe ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung!”, gibt sich Troy zufrieden mit der Konstruktion. Die neue Umlenkwippe wurde übrigens zunächst von der Specialized Gravity Republic rund um Loïc Bruni erprobt. “Die haben uns dann den Tipp gegeben, dass die neue Wippe noch besser funktioniert”, so Aaron. “Also hat Troy einige Abfahrten mit der neuen Umlenkwippe gemacht und war begeistert.” “Besser” heißt in dem Fall allerdings nicht zwangsweise schneller. Aaron erklärt: “Wir wissen nicht zu 100%, ob das Fahrrad durch die neue Umlenkwippe tatsächlich schneller ist. Was wir aber wissen ist, dass sich Troy mit diesem Setup deutlich wohler fühlt. Und wenn sich ein Fahrer wohl fühlt, wird sich das auch in schnelleren Zeiten ausdrücken.” Klingt logisch!
Neben einem extrem progressiven Fahrwerk ist für Troy auch ein balanciertes Setup von sehr großer Bedeutung: “Ohne eine ausgewogene und ausbalancierte Federung geht’s für mich nicht!” Soll heißen: Werden Änderungen an der RockShox Boxxer vorgenommen, muss der Vivid Air-Dämpfer auch entsprechend angepasst werden, damit die Balance des Bikes beibehalten wird. Auch das ist ein Grund, weshalb Troy Brosnan auf einem Luftfahrwerk unterwegs ist: So lassen sich auch Veränderungen in minimalen Schritten problemlos durchführen. Aber: “Wir würden zukünftig auch sehr gerne mal ein Coil-Setup testen. Während der Saison fehlt uns für sowas allerdings die Zeit – sowas heben wir uns dann eher für die Off Season auf.”
Laufräder und Reifen
Für den nötigen Grip an Troy Brosnans Specialized Demo sorgen Reifen, die ebenfalls aus dem Hause Specialized kommen. Auf den meisten Strecken ist Troy vorne und hinten auf dem Trockenreifen Butcher in 2,3″ Breite unterwegs. Vorne fährt Troy einen Reifendruck von 1,95 Bar, hinten 2,2 Bar – ein vergleichsweise hoher Luftdruck für einen Weltcup-Racer. “Von meinen Mates in Australien muss ich mir oft den Vorwurf anhören, dass so ein Luftdruck unfahrbar ist. Stimmt nicht! Meiner Erfahrung nach funktionieren die Specialized-Reifen mit einem Luftdruck um etwa 2,1 Bar sehr gut und bieten hervorragenden Grip”, erklärt Troy.
Ein definiertes Fahrgefühl ist für Troy sehr wichtig. Auch deshalb greift er eher selten zum Intermediate-Reifen Hillbilly oder dem Matschreifen Storm – obwohl sich ein gecutteter Hillbilly und sein Lieblingsreifen Butcher stark ähneln. “Der runtergeschnittene Hillbilly ist zwar vom Profil ähnlich, hat aber etwas weichere Stollen. Auf trockenen Strecken knicken dann die Seitenstollen in schnellen Kurven etwas mehr weg – ein Gefühl, das Troy nicht besonders mag”, liefert sein Mechaniker Aaron die Erklärung für die Reifenwahl.
Die Reifen werden tubeless und ohne spezielles System im Inneren auf Laufrädern der Marke DT Swiss montiert. Diese bestehen aus den bewährten EX 471-Felgen und sehr leichten, hochwertigen 240-Naben. Die Kombination, mit der Troy offensichtlich gut zurechtkommt, stellt für ihn aktuell den besten Kompromiss aus Haltbarkeit, Gewicht und Performance dar. Fast noch wichtiger als die verwendeten Komponenten ist der richtige Aufbau der Laufräder. “Die Speichenspannung muss absolut perfekt sein – nicht zu weich, auch keinen Fall zu hart. Wenn die Speichenspannung nicht genau stimmt, macht Troy eine Abfahrt und beschwert sich anschließend bei mir. In der Hinsicht ist er sehr penibel”, erklärt Mechaniker Aaron. “Wir arbeiten nun schon eine lange Zeit zusammen. Ich weiß genau, was er will und er weiß genau, was er mir mitteilen muss. Das passt gut!”
Obwohl Troy zu den leichtesten Fahrern im Weltcup-Zirkus zählt, sucht man an seinem Specialized Demo vergeblich nach Carbon-Felgen. Das hat zwei Gründe: Zum Einen bevorzugt er tendenziell Laufräder, die etwas weicher sind – ultrasteife Felgen aus Carbon wären da kontraproduktiv. Außerdem hat das Team schlichtweg noch nicht mit Carbon-Felgen experimentiert. “Ob Carbon an den Laufrädern Sinn macht oder nicht, hängt meiner Meinung nach von so vielen verschiedenen Faktoren ab: Fahrer, Fahrstil, Strecke, Felge … ich glaube, dass Carbon-Felgen für manche Fahrer Vorteile bietet, für andere eben nicht”, merkt Aaron offen und ehrlich an. In der Hinsicht scheint es wohl keine Patentlösung zu geben.
Komponentencheck
Im Gegensatz zu den meisten anderen Downhillern setzt Troy Brosnan an seinem Specialized Demo 8 auf einen vergleichsweise schmalen Lenker: 740 mm misst der Renthal Fatbar mit 38 mm Rise und erinnert damit längst vergessene Tage, als die schnellsten Rennfahrer der Welt auf 26″-Laufrädern unterwegs waren und Enduro™ noch als Mountainbiken bezeichnet wurde. “Troy ist eben nicht besonders groß und hat keine besonders breite Schultern. Die Breite von 740 mm funktioniert gut für ihn.” Auch der Rest des Cockpits stammt aus dem Hause Renthal: Neben dem 45 mm kurzen Direct Mount-Vorbau kommen an seinem Specialized Demo 8 Lock On-Griffe von Renthal in ultraweicher Ausführung zum Einsatz.
Auch wenn Troy Brosnan mit einem Tempo unterwegs ist, von dem nahezu alle anderen Fahrer auf der Welt nur träumen, sind gute Bremsen extrem wichtig für ihn. Er verwendet vorne und hinten bewährte Avid Codes mit 200 mm großen Bremsscheiben. “Troy ist insgesamt schon sehr genau und penibel – ganz besonders aber hinsichtlich der Bremsen. Der Druckpunkt muss absolut perfekt sein. Ansonsten wirkt sich das nicht gerade förderlich auf seine Stimmung aus”, erzählt Aaron lachend. Die Vorgabe: Beide Bremshebel müssen so nah wie möglich am Lenker positioniert sein und sofort greifen, wenn man sie antippt. “Ich muss mich darauf verlassen können, dass die Bremse sofort da ist, wenn ich durch schnelle Sektionen fahre”, liefert Troy die passende Erklärung.
Der Antrieb des Arbeitsgeräts von Troy Brosnan stammt aus dem Hause SRAM: Hinten setzt Troy auf eine SRAM X01 DH-Kassette mit sieben Gängen. Für die nötige Kraftübertragung sorgen SRAM X0 Carbon-Kurbeln in 165 mm Länge sowie ein Kettenblatt mit 36 Zähnen. Damit die Kette an Ort und Stelle bleibt, verwendet Troy eine e.13 LG1-Kettenführung. Reichlich weiteren Schutz, allerdings eher gegen Schlamm und Schmutz und weniger gegen Defekte, bietet die großzügige Verwendung von Moto Foam. Sattel und Sattelstütze kommen von SDG. Ein absolutes Highlight sind neben den lila anodisierten HT X2-Klickpedalen abschließend noch die Titanschrauben, die – wie bereits am Arbeitsgerät von Brendan Fairclough – in der Rainbow-Edition ein absoluter Blickfang sind und perfekt zur Extravaganz des Bikes passen. Wer so jung ist und schon so viel erreicht hat, darf sich etwas Bling Bling gerne leisten.
Weitere Informationen
Website: www.troybrosnan.com
Text & Redaktion: Moritz Zimmermann | MTB-News.de 2016
Bilder: Moritz Zimmermann