Der Mythos lebt! Das Absa Cape Epic geht in seine 16. Auflage und erfreut sich immer größer werdender Beliebtheit. Die Aufmerksamkeit auf das medial größte Mehrtagesrennen im Montainbikebereich wächst von Jahr zu Jahr, auch der Stellenwert bei den Profis in der Szene steht dem in keinster Weise nach. Wohl noch nie waren die Favoritenfelder der einzelnen Kategorie so groß wie in diesem Jahr. Drei der vier Weltmeister des vergangenen Jahres in den Disziplinen Marathon und Cross-Country stehen am Start beim Rennen am Westkap. Alle Favoriten und viele weitere Informationen zum Start des Rennens am kommenden Samstag gibt es hier in der großen Vorschau!
Der Mythos
Als vor 15 Jahren die Organisatoren des Absa Cape Epic zum ersten Mal ein Fahrerfeld mit 550 Teilnehmern auf die 788 Kilometer lange Strecke von Knysna nach Stellenbosch schickten, konnte wohl keiner ahnen, welche Entwicklung das Rennen in Südafrika nehmen würde. Über Jahre hinweg wuchs die Veranstaltung und mit ihr die Prominenz des Starterfeldes. Insbesondere die mediale Präsenz weltweit verhalf dem Event zum aktuellen Status als wichtigstes Etappenrennen im Mountainbikebereich. Seriensieger wie der Deutsche Karl Platt und der Schweizer Christoph Sauser erlangten Heldenstatus, wie es hierzulande nur von Fußballstars bekannt ist.
Die Strecke
Staubig, heiß und steinig – die Strecke des Absa Cape Epic hat es auch seiner 16. Auflage in sich. 624 Kilometer und 16.650 Höhenmeter müssen die rund 650 Zweierteams in acht Tagen absolvieren. Der Start findet einmal mehr direkt am Fuße des Kapstadter Tafelbergs statt. Start- und Zielort des 21 Kilometer langen Prologs ist die Universität von Kapstadt. Auf den Trails unterhalb des Wahrzeichens der zweitgrößten Stadt Südafrikas müssen die Teams erstmals im Kampf gegen die Uhr alles in die Waagschale legen. Nach der Zieleinfahrt erwartet die Teilnehmer einen rund zweistündigen Auto-Transfer ins östlich gelegene Hermanus.
Rund um Hermanus geht es dann auf der ersten Etappe gleich richtig zur Sache. 112 Kilometer und 2700 Höhenmeter verlangen den Teilnehmern einiges ab. Der dritte Tag steht dann ganz im Zeichen der Überführung in den nächsten Etappenort. Von Hermanus geht es auf 86 Kilometern nordwestlich ins Oak Valley-Weingut, wo dann die Etappen 3 und 4 ausgetragen werden. Nach einer kräftezehrenden dritten Etappe über 103 Kilometer erwartet die Teilnehmer am fünften Tag ein 43 Kilometer langes Zeitfahren rund um das Weingut. Nach dem etwas entspannteren Tag Fünf geht es auf der folgenden fünften Etappe auf die Königsetappe. Auch wenn die nackten Zahlen mit 100 Kilometer und 2850 Höhenmeter nicht unbedingt heftiger erscheinen als beispielsweise die Werte der ersten bzw. dritten Etappe, wird dieser Abschnitt der herausforderndste der ganzen Woche. Schwerer Untergrund und sehr steile Anstiege sind die großen Hindernisse auf dem Weg nach Stellenbosch.
Ist diese Hürde geschafft, scheint das Ziel des Cape Epics bereits in Sicht. 89 Kilometer auf der vorletzten Etappe rund um Stellenbosch und die letzten 70 Kilometer auf der abschließenden Etappe von Stellenbosch ins Weingut Val de Vie markieren den Abschluss einer kräftezehrenden Woche.
Die Favoriten
Die wachsende Beliebtheit des Rennens sorgte dafür, dass über die Jahre hinweg die Starterfelder immer prominenter ausfielen und wohl in diesem Jahr die Konkurrenz um den Sieg so hart sein dürfte wie nie zuvor. Nachdem über viele Jahre hinweg die Marathon-Spezialisten beim Cape Epic stets die Nase vorn hatten, versuchen immer mehr etatmäßige Cross-Country-Fahrer den Spezialisten auf der Langstrecke das Leben schwer zu machen. Und das mit Erfolg: Die Erfolge von Nino Schurter/Matthias Stirnemann und Jaroslav Kulhavy/Howard Grotts in den letzten beiden Jahren lassen eine Umkehrung der Machtverhältnisse vermuten, die auch in diesem Jahr fortgeführt werden könnte. Wer hat also die besten Chancen auf den Triumph bei der 16. Auflage des Absa Cape Epic?
Herren – Cross Country-Asse vs. Langstreckenspezialisten
Allen voran würde man die Titelverteidiger Jaroslav Kulhavy und Howard Grotts als erneute Top-Favoriten für den Gesamtsieg vermuten, doch der Start des Duos platzte kurzfristig. Howard Grotts konnte sich aufgrund mehrerer Krankheitsphasen nicht wie erhofft auf die achttägige Dauerbelastung vorbereiten, sodass er sich gezwungen sah, seinen Platz an der Seite von Jaroslav Kulhavy zu räumen. Einspringen wird für ihn der Neuseeländer Sam Gaze. Der ehemalige U23-Weltmeister hat beim Cape Epic bisher zwar keinerlei Erfahrungen gesammelt, dürfte aber, rein was den Fahrstil angeht, perfekt zum dreifachen Cape Epic-Sieger Kulhavy passen. Inwiefern der Mangel an Erfahrung bei Gaze das Duo einschränken wird, ist kaum einzuschätzen – rein physisch betrachtet ist das Investec-Songo-Specialized-Duo Favorit Nummer eins auf den Gesamtsieg.
Und dann wäre ein weiteres Paar, das nur in Person eines Fahrers das Cape Epic in den letzten Jahren gewinnen konnte. Weltmeister Nino Schurter wird in diesem Jahr gemeinsam mit Andri Frischknecht versuchen, den Sieg aus dem Jahr 2017 zu wiederholen. Im vergangenen Jahr musste Schurters damaliger Partner Matthias Stirnemann bereits nach der ersten Etappe aufgrund einer Blutvergiftung aufgeben – die Mission Titelverteidigung damals damit jäh gestoppt. Umso größer wird bei Schurter die Motivation sein, das Missgeschick aus dem Vorjahr vergessen zu machen. Großer Vorteil gegenüber Kulhavy und Gaze: Sein Teampartner Andri Frischknecht hat bereits Cape Epic-Erfahrung und bereits zwei Etappen in Südafrika gewonnen. Wenn beide genauso gut harmonieren können wie Schurter und Stirnemann vor zwei Jahren, könnte dem Team Scott-SRAM erneut der große Coup gelingen.
Oder spuckt den beiden Teams ein weiteres Duett mit Cross Country-Qualitäten in die Suppe? Die Rede ist von Manuel Fumic und Henrique Avancini vom Team Cannondale Factory Racing. Dass die beiden auch auf der Langstrecke ein enormes Potenzial aufweisen, haben sie beim Cape Epic bereits durch mehrere Etappensiege und viele Tage im gelben Führungstrikot bewiesen. Die beiden reisen zudem mit dem Rückenwind des Sieges beim Momentum Health Tankwa Trek an. Das viertägige Etappenrennen rund 100 Kilometer nördlich von Kapstadt ist nun schon seit einigen Jahren der Testlauf für einige Fahrer im Vorfeld des Cape Epics. Die Frage wird wie bei allen anderen Teams sein, die aus dem Cross-Country-Bereich kommen, inwiefern sie ihre Leistung über die acht Renntage hinweg konstant halten können. In den beiden letzten Jahren überzeugten Fumic und Avancini stets auf den ersten Etappen und verloren das gelbe Trikot im Verlauf des Rennens.
Die Riege der Marathon-Spezialisten im Favoritenfeld ist in weiten Teilen auch mit deutschen Fahrern verbunden. Insbesondere die beiden Top-Teams vom Team Bulls werden alles daran setzen, einmal mehr auf dem Podium des Cape Epics erscheinen zu dürfen. Das vermutlich an Nummer 1 gesetzte Team dürften der Schweizer Urs Huber und Simon Stiebjahn stellen. Huber ist eine der prägendsten Figuren auf der Langstrecke in den vergangenen Jahren und scheint auch dieses Jahr wieder in Top-Form zu sein. Das Allround-Talent Simon „Stiebi“ Stiebjahn hat ebenso in der Vergangenheit bewiesen, dass er zunehmend in der Lage ist mit den Besten mitzuhalten. Großer Vorteil der beiden: Sie haben schon reichlich Epic-Erfahrung und bereits beim Tankwa Trek als Duo sehr gut harmoniert. Spannend für alle MTB-News.de-Leser: Simon Stiebjahn wird uns täglich von seinen Erlebnissen auf den Etappen berichten, Grund genug also, für ihn und seinen Partner die Daumen noch fester zu drücken!
Das zweite Team mit Podestambitionen der „Bullen“ ist wohl das meistdekorierte Team im Starterfeld des diesjährigen Epics. Cape Epic-Rekordsieger Karl Platt und der dreifache Marathon-Weltmeister Alban Lakata gehen als Team Bulls Legends auf die achttägige Reise. An Erfahrung sollte es den beiden keinesfalls mangeln, doch ob die beiden Altmeister physisch in der Lage sind, mit der jüngeren Konkurrenz mitzuhalten, wird spannend zu beobachten sein. Bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt als Duett beim Momentum Health Tankwa Trek belegten sie den sechsten Rang. Gegenüber Avancini, Fumic und Co. waren sie dort größtenteils chancenlos, jedoch betonten beide damals, sich noch in der Vorbereitung aufs Cape Epic befinden. Das Team Bulls Legends ist also sicherlich eine der größten Wundertüten für die acht Renntage.
Eine weitere Favoriten-Paarung mit deutscher Beteiligung ist das Team Centurion Vaude um Jochen Käß und seinen österreichischen Teampartner Daniel Geismayr. Ähnlich wie die beiden Duos vom Team Bulls verfügen beiden bereits über eine mehrjährige Erfahrung beim Cape Epic und sind dementsprechend nicht zu unterschätzen – ein Platz auf dem Podium ist für beide auf alle Fälle möglich. Ebenso sollte man einige weitere internationale Paarungen beachten, die vor allem im Marathonbereich in der Vergangenheit für Furore sorgten. Die beiden Italiener Damiano Ferraro und Samuel Porro haben gemeinsam vor drei Jahren als Dritte das Podium der Gesamtwertung erklommen und sollten auch in diesem Jahr nicht unterschätzt werden. In der Kategorie „Wundertüte“ landen außerdem die beiden Südafrikaner Alan Hatherly und Matthew Beers oder auch die beiden Spanier Francesc Guerra Carretero und Enrique Morcillo Vergara vom Team Buff Scott MTB. Insbesondere Guerra Carretero überraschte im Vorjahr, als er mit seinem damaligen Teampartner Luis Pinto Gesamtvierter wurde und bei drei Etappen auf dem Podium landete.
Nicht unterschätzen sollte man beim Cape Epic die Back Up-Teams der topgesetzten Duos einer jeden Mannschaft. Viele Teams platzieren neben ihrem besten Zweiergespann, das auf die Jagd nach dem gelben Trikot geht, weitere Duos im Feld, um im Falle eines Defektes schnelle Hilfe parat zu haben. Insbesondere dann, wenn die an Nummer eins gesetzten Teams defektfrei durchs Rennen kommen, erhalten die Back-Up-Teams jedoch ebenfalls freie Fahrt. So geschehen vor zwei Jahren, als der jetzige Teampartnern von Nino Schurter, Andri Frischknecht, gemeinsam mit seinem damaligen Partner Michiel van der Heijden als „rollendes Ersatzteillager“ zweimal das Ziel zusammen mit Schurter und seinem damaligen Partner Matthias Stirnemann erreichte und damit zwei Etappensiege feiern konnte. In diesem Jahr übernimmt im Team Scott-SRAM der Cross Country-Europameister Lars Forster gemeinsam mit dem Südafrikaner Gert Heyns diese Rolle, bei Investec-Songo-Specialized sind dies Christoph Sauser und der junge Däne Simon Andreassen. Das Team Bulls setzt auf sein Junggespann Martin Frey und Simon Schneller, die bereits im Vorjahr einen beachtlichen 14. Rang erreichen konnten. Vinzent Dorn wird gemeinsam mit dem Namibier Tristan de Lange diese Rolle für Daniel Geismayr und Jochen Käß im Team Centurion Vaude übernehmen.
Damen – Langvad & van der Breggen ohne Konkurrenz?
Bei den Damen scheint die Favoritenrolle vor der 16. Auflage des Cape Epics eindeutig geklärt zu sein. Die vierfache Epic-Gesamtsiegerin Annika Langvad steht mit keiner Geringeren als der amtierenden Weltmeisterin auf der Straße, Anna van der Breggen, am Start. Die Niederländerin van der Breggen ist keine komplett unbekannte Fahrerin auf dem Mountainbike. Bereits in den beiden vergangenen Jahren war sie vereinzelt bei MTB-Rennen am Start und hat unter anderem 2018 das Afxentia-Etappenrennen beim Cyprus Sunshine Cup auf Zypern gewinnen können. Auch in diesem Jahr war sie als Vorbereitung auf das Cape Epic dort und wurde Zweite – geschlagen lediglich von Langvad. Beide bestimmten in einer sehr souveränen Art und Weise das viertägige Etappenrennen und scheinen optimal aufs Cape Epic vorbereitet zu sein.
Größte Jägerinnen der beiden könnten die Polin Maja Wloszczowska gemeinsam mit Ariane Lüthi aus der Schweiz werden. Während Wloszczowska erstmalig am Start des Cape Epic steht, ist Lüthi bereits hochdekoriert, was das Rennen am Westkap angeht. Gemeinsam mit Annika Langvad gewann sie das Rennen dreimal und landete zudem zwei Mal in der Mixed-Wertung des Cape Epics ganz oben auf dem Podest. Dementsprechend steht sie der Dänin Langvad in Bezug auf die so wichtige Erfahrung beim Cape Epic in nichts nach – einzig die physische Komponente spricht mehr für Langvad und van der Breggen. Insbesondere ist es unheimlich schwer vorherzusehen, wie die im Cross Country-Bereich so erfolgreiche Polin Wloszczowska mit den Anforderungen der achttägigen Rennbelastung zurechtkommt.
Als weitere Favoritenpaarung gelten die Schwedin Jennie Stenerhag und die Südafrikanerin Mariske Strauss. Beide sind eher auf der Langstrecke und bei Etappenrennen zuhause und haben zudem reichlich Erfahrung in dieser Hinsicht. Stenerhag konnte außerdem bereits 2017 gemeinsam der Schweizerin Esther Süss die Gesamtwertung des Cape Epic gewinnen. Die beiden reisen mit dem Triumph beim Vorbereitungsrennen Tankwa Trek im Rücken an und sollten dementsprechend nicht unterschätzt werden.
Und dann gibt es noch zwei Teams mit deutscher Beteiligung, die ein Wörtchen bei der Vergabe der Podiumsplätze mitreden wollen. Insbesondere auf die Paarung Sabine Spitz/Nadine Rieder darf man sehr gespannt sein: Spitz wollte ursprünglich wie in den Jahren zuvor mit der Südafrikanerin Robyn de Groot starten, die jedoch verletzungsbedingt passen musste. Einspringen wird Nadine Rieder: Die erstmals beim Cape Epic startende Fahrerin hat in den vergangenen Jahren mehrfach ihr Potenzial auf der Langstrecke andeuten können, der Erfahrungsschatz der Altmeisterin Sabine Spitz sollte ihr zusätzlich weiterhelfen. Wenn es den beiden gelingt perfekt zu harmonieren ist ihnen viel zuzutrauen, ein Platz auf dem Podium allemal. Die dritte deutsche Starterin ist Adelheid Morath. Nach einem Jahr voller Pleiten, Pech und Pannen soll es für die Schwarzwälderin dieses Jahr wieder besser laufen. Gemeinsam mit der Südafrikanerin Candice Lill wird sie ebenfalls die Podestplätze beim Cape Epic anvisieren. Das Duo hat bereits im vergangenen Herbst das Rennen Whines2Whales in Südafrika gewonnen und dürfte also bereit sein für die anstehenden Aufgaben.
Live-Übertragung
Das Absa Cape Epic ist das Mountainbike-Event mit der weltweit meisten Sendezeit im Fernsehen. Der Aufwand, der zur Produktion von TV-Bilder und Fotos aufgebracht wird, ist enorm. Auch in diesem Jahr wird der Veranstalter einen Live-Stream von jeder Etappe bereitstellen. Die Übertragungen starten je nach Etappenart (Zeitfahren oder Massenstart) und Etappenlänge und senden meist bis zum Zieleinlauf der schnellsten Damen. Angesehen werden kann der Live-Stream auf der Internetseite vom Absa Cape Epic, auf Youtube oder auf der Facebook-Seite des Absa Cape Epic.
Absa Cape Epic 2019 auf MTB-News.de
Wir werden auch in diesem Jahr täglich ausführlich vom Absa Cape Epic berichten. Wie gewohnt werden wir euch zusammen mit großen Fotostories einen ausführlichen Bericht über die Renngeschehnisse liefern. Außerdem unterstützt uns Simon „Stiebi“ Stiebjahn aus Rennfahrersicht. „Stiebi“ wird täglich seine Eindrücke in einem Blogbeitrag schildern. Alle Infos zu seiner Vorbereitung gibt es zusätzlich in einem ausführlichen Interview in den nächsten Tagen.
Alle Artikel zum Cape Epic 2019:
Der Beitrag Cape Epic 2019 Vorschau: Staub, Hitze, Dreck – der Favoriten-Check erschien zuerst auf MTB-News.de.